Klaus & Klaus durch Laos 2015
vom 02.11. bis 18.12.2015
Dies wird unsere Reise. Klaus & Klaus unterwegs in Asien.
Unsere Wahl fiel auf Laos, das wir nun 6 Wochen gemeinsam bereisen wollen, beide mit dem Interesse und der Leidenschaft, langsam zu reisen und nahe an den Menschen. Die PDR Lao mit ihrem sanften, sich erst entwickelnden Tourismus scheint dabei aus meinen bisherigen Erfahrungen eine gute Wahl zu sein.
Allerdings lähmte uns ein bitteres Erlebnis, das sich wie ein Alptraum in unsere Erinnerung eingefressen hatte. Eine Nacht im westtürkischen Dorf Alamut unseres Freundes Ünal, als 6-7 Personen hoch oben auf dem Berg Madran in einem Steinhaus zusammen die Nacht schlafend verbringen wollten. Aber sowohl Klaus als auch Klaus überboten sich in dieser schaurigsten aller schaurigen Nächte im Streit um die Krone des furchterregensten Schnarchers unter dem hellen Licht des türkischen Halbmondes.
Die Erinnerung an diese Orgie hing nun bei unseren Vorbereitungen wie ein Damoklesschwert über uns. Kaum vorstellbar, 45 Nächte im Doppelzimmer zu überstehen. Zumal in solchen Gästehäusern mit ausschließlich Doppelbetten in den Zimmern.
Was das bedeutete, konnte sich jeder ausmalen: erbitterte Kämpfe um die Decken, die erhöhte Körpertemperatur in unmittelbarer Nähe, als würde man (hier in der Tropennacht) neben einem Ofen schlafen, Schnarchkonzerte direkt ins Ohr und eine stetig kleiner werdende Liegefläche, bis gerade genug Platz bleibt, sich auf der Seite liegend gerade noch auf der Matratze zu halten.
Erst die Aussicht auf den Luxus geräuschloser Einzelzimmer wenigstens von Zeit zu Zeit linderte den Schmerz - vorläufig.
Solcherlei Anfechtungen ausgesetzt, zogen sich die Vorbereitungen schleppend bis zu dem Zeitpunkt hin, als die Tickets für einen Flug über Abu Dhabi nach Bangkok gebucht waren.
Also, auf nach Laos!

Wer einmal in diesem bezaubernden Land war, möchte wiederkommen.
An einen der wundervollsten Flecken unserer Erde. In ein Land, das etwas lebt, was wir verlernt haben: Entschleunigung.
Manche meinen scherzhaft, das P.D.R. in Lao P.D.R stehe in Wirklichkeit nicht für People’s Democratic Republic, sondern für „Please don’t rush“ - bloß keine Eile.
Laos ist klein, hat nur sechseinhalb Millionen Einwohner und ist das am dünnsten besiedelte Land Südostasiens. Es hat als einzigstes Land dieser Region keinen Zugang zum Meer. Mittelpunkt stattdessen ist der Mekong, sind die hohen Berge im Norden und der Dschungel. Vietnam im Osten und Thailand im Westen scheinen das kleine Laos mit ihrer Wirtschaftskraft und Geschäftstüchtigkeit in den Schatten stellen zu wollen.
Metropolen wie Saigon oder Bangkok überstrahlen mit Straßenschluchten und Neonlichtwüsten den geruhsamen und dörflichen Charakter seiner Städte: Luang Prabang, Savannakhet, Pakse oder Vientiane.
Was schon hat Laos also zu bieten?
Man muss sich die Muse lassen zu beobachten, zu erlauschen, zu erspüren, zu erschlendern - durch die Dorfgassen und stillen Tempel der alten Königstadt Luang Prabang zum Beispiel -
man muss sich zu den Dörfern der Minoritäten in den Regenwäldern des bergigen Nordens wagen, erst dann erfreuen wir uns an all dem „Ursprünglichen“, das uns selbst zur Ruhe kommen lässt.
Die findet man spätestens aber auf der Inselidylle Don Det im Süden an der Grenze zu Kambodscha, bei den "Si Phan Don", den "Viertausend Inseln" im Mekong.
Dann kann es sein, dass wir wie bei einer Kur eintauchen in eine Lebensart, die unserer eigenen kaum fremder sein könnte. Meist in einer Mischung aus heimlicher Bewunderung, Mitleid und Idealisierung erleben wir in den traditionellen Dörfern aus Bambus- und Basthütten einen Alltag in unverdorbener Schlichtheit, Zeitlosigkeit, in dem die wesentlichen Dinge des Lebens noch wesentlich sind.
Dabei ist die Suche nach dem Vergangenen oder Unberührten häufig auch eine Suche nach dem Klischee. Denn je „fortschrittlicher“ und „moderner“ wir in unserer Wohlstandsgesellschaft werden, desto intensiver scheinen wir uns von solch romantisch-exotischen Sehnsuchtsorten wie Laos den Stillstand und das Verharren im Gestern zu wünschen.
Dahinter verbirgt sich wohl unsere ureigene Angst vor dem gesteigerten Tempo der Veränderung und der verhängnisvollen Zunahme an sozialer Kälte, der man nur schwer etwas entgegenzusetzen hat.
Und das einfache Leben wird gerne gleichgesetzt mit einem besseren und sorglosen Leben. In Wirklichkeit müssen sich die meisten Menschen (etwa 80 % der Laoten leben von der Landwirtschaft und der Fischerei) mit dem niedrigen Lebensstandard einfach zufrieden geben. Und sie tun es auch fraglos.
Mit der Öffnung des Landes erhöht sich zwar dieser Standard, aber zugleich verdrängt er auch die traditionelle Denkweise und schafft neue Begehrlichkeiten in den ehemals autark lebenden Dorfgemeinschaften. Diese ziehen immer näher an die urbanen Zentren heran und lassen viele ihrer alten Bräuche in den Wäldern der Berge zurück.
Sie brechen sozusagen in eine neue Zeit auf, in „blühende Landschaften“ - wie es westliche Politiker ausdrücken würden - , in denen erste Filialen von McDonald’s und Starbucks nicht mehr lange auf sich warten lassen werden.
Ich persönlich würde ihnen wünschen, dass sie sich damit noch etwas Zeit ließen.

Bangkok, 5. November 2015
Klaus und Klaus sind angekommen. Mehr schlecht als recht, aber eben da.
Unerwähnt sollte nicht bleiben, dass Edith sich auf der Fahrt nach Asperg in Markgröningen schon merkwürdig verfahren hatte, und dies der einzige Fehltritt, die einzige Unregelmäßigkeit dieser Fernreise nach Bangkok war. Alle anderen Stationen klappten wie im Schlaf - obwohl an Schlaf während dieser Fahrt nicht zu denken war.
Nach einer letzten, fast durchwachten Nacht zu Hause nämlich, kämpften wir uns durch den Tag, schläfrig, gähnend, bekamen im zweiten Flugabschnitt von Abu Dhabi kaum ein Auge zu, der viel zu kleine Sitzabstand ließ unsere Gebeine immer wieder in Erinnerung an mehr Platz nervös erzittern und Klaus hörte mein Kniegelenk metallisch klappern.
Allein das orangene Band der Abendsonne vor einem dunkelgrauen Wolkenmeer war die Qualen der langen Flugreise wert. In Bangkok mühten wir uns brav und mit wenig Kräften durch die Schlangen an der Immigration in den vollbesetzten Hallen des modernen Suvarnabhumi-Airports, am baggage claim tapfer vorbei und zogen am erstbesten ATM 10000 Baht, diesmal ohne die Kreditkarte zu vergessen.
Und weil der Tag schon scheiße begann waren unser Zimmer im Lamphu House selbstredend noch nicht fertig. Mit letzten Kräften schleppten wir uns durch ein gähnend leeres Banglampoo mit dem Charme eines vom kalten Zigarettenrauch, dem Müll der durchzechten Nacht und dem Siff von tausend Jahren desillusionierten Viertels.
Und wie es in solchen Momenten immer läuft, wurde Kläusche von einem adretten Bangkokpolizisten mit enganliegender und zackiger Uniform daran gehindert, der Länge nach auf einer Bank einzuschlafen unten am Mae Nam Chao Phraya, dem großen Fluss von Bangkok. „Krung Thep“, die Stadt der Engel, zeigte sich überhaupt nicht engelhaft bis zu dem Zeitpunkt, als wir uns traumschwer in unsere Twinbetten fallen ließen und schlagartig die unheilige Allianz aller bösen Geister in die Wüste der Vergangenheit verbannten.
Nach fast 3 Stunden festem Schlaf, einer längeren Dusche und einem Wassermelonen-Shake hatte die Welt ihre Fratze wieder verloren und der Zauber des Orients ergriff augenblicklich unser Gemüt.
Jetzt liefen die Hauptdarsteller dieser Aufführung zu Höchstform auf.
Das geschmückte Wat Bonovives mit der Schönheit buddhistischer Mönchstradition, die eiskalte Überzeugungskraft eines Changbieres, das mit Raffinesse dargebotene Massaman-Reisgericht und die kindliche Naivität mehrerer Akha-Frauen, die uns herrlich gutmütig, aber auch hartnäckig ihre Kunstfertigkeit krötenhaft nahelegten und die dubiosen Beobachtungen zweier alternder Herren über die Vielschichtigkeit menschlicher Charaktere.
Nach einem Daiquiri und einem Mochito, die keine waren, fielen besagte Männer ein zweites Mal an diesem Tag in tiefen und dank Oropax ungestörten Schlaf, bis am Morgen selbstredend die thailändsche Sonne einen wunderbaren neuen Tag heraufbeschwor.
Mit dem Expressboot den Mae Nam Chao Phraya hinunter, einfach so, das Leben am Fluss genießen und den Alltag der Thai. Für 14 Baht eine Brise Lebendigkeit einatmen und über die Milliardeninvestitionen der Magnaten spotten und lächeln, die am Ufer hohe Betonklötze hochgezogen haben wie das 1000 Dollar pro Nacht teure Oriental oder die VIP-Residenzen am Wasser, die Spektakel versprechen, aber einfach viel Geld kosten. Na gut.
Später steigen wir am Ta Thien Pier aus, spazieren durch den gähnend leeren Markt (was ist los?)
hinüber zum wirklich spektakulären Wat Pho mit dem 45 m langen „Liegenden Buddha“.
Dies ist einer der schönsten Tempelanlagen der Stadt, auch eine der älteren. 1789 (kann man sich gut merken) auf dieser Seite des Flusses von dem ersten Gottkönig der Chakri-Dynastie von Bangkok, Rama I, gegründet an einer Stelle, an der schon 200 Jahre zuvor ein buddhistisches Heiligtum gestanden haben soll.
Im Viharn hätte man locker Glück für 48 Münzen investieren können, war an dieser Stelle aber noch nicht nötig, da bisher ja alles bestens war.
Wir verbringen viel Zeit in der großen Anlage, sitzen unter Frangipanibüschen und Mangobäumen im Schatten, bedauern die riesigen Reisegruppen aus Europa und Asien, die mit fliegenden Haaren den Führern und deren Schirmchen hinterherhecheln. Bei Kläuschen werden schlimme Erinnerungen wach.
Gerade laufen im hinteren Teil die Vorbereitungen eines pompösen und aufwendigen Klosterfestes mit Musikgruppen, Kohorten von überdisziplinierten Schülern, im Schatten sitzenden, essenden, schlafenden, auf irgendetwas wartenden Frauen in weißer Pilgerkleidung. Wir suchen stümperhaft nach Erklärungen. Auf dem breiten Boulevard am Königspalast stockt gerade der Verkehr. Soldaten der Palastwache (? ausgestattet mit den Bärenfellmützen und den roten Uniformen ihrer britischen Vorbilder) mitsamt Militärorchester entsteigen einigen Bussen und marschieren im preußischen Exerzierschritt und unter Marschklängen ziemlich verloren über den breiten Boulevard und hinein in das Tor des Verteidigungsministeriums. Einige Sekunden danach brandet wieder der Verkehr.
Am „Lak Muang“, dem städtischen Schrein, beobachten wir die buddhistischen Gläubigen, wie sie mit viel Hingabe ihre Opferfreude zelebrieren. Sie wickeln bunte Bänder um die Statuen,
verteilen Öl auf die Lämpchen, zünden Räucherstäbchen an und Kerzen, verteilen Lotusblüten und Jasminketten. Ein besonders begabter Zeitgenosse schüttelt in einer Ecke am Orakelbeutel. Ziel ist, dass von den zahlreichen Stäbchen im Beutel nur eines herausgeschüttelt wird. Er aber schafft es nicht. Es fallen jedes Mal meherere Stäbchen heraus. Nach einigen Versuchen ist ihm nun das Ritual egal und er nimmt ein xbeliebiges Stäbchen mit irgendeiner Voraussagung. Minuten später sehen wir ihn stehen, wie er „strahlend“ und mit Anspannung im Schicksalszettel liest.
Im Tempel meldet sich mein Knie vehement und ab jetzt sind nur noch wenig Schritte angesagt. Zum Beispiel zum 600 m langen Sanam Luang, der „Königlichen Wiese“ oder zum quirligen Markt am Chang Pier. Dort essen wir auf niederen und viel zu kleinen Plastikhockern ein leckeres Pad Thai, schlürfen noch einen Mango- und Guavensaft und fahren mit dem Expressboot zurück. Erholung pur ist nun angesagt.
Ein Abendessen im etwas teuren Flusslokal und ein Pancake mit Banane, süßer Kondensmilch und Honig am Straßenstand beschließt den ersten „richtigen“ Tag.
Ayutthaya, 6. November 2015
Eitel wie es ist, hat mein Knie heute beschlossen, unentwegt im Mittelpunkt zu stehen. Ihm genügt es nun nicht mehr, dass man es fortwährend bedauert und sich mit ihm beschäftigt. Nein. Man sollte es unbedingt cremen, massieren, gut zusprechen oder ihm sonstwie Gutes tun.
Folglich ließen wir uns am Morgen mit dem Tuk Tuk zum Golden Mount chauffieren.
Einem Ort, der für Buddhisten fast im Rang von Santiogo di Compostella oder gar Lourdes steht.
Die 344 Stufen sind ob ihrer flachen Beschaffenheit wohl vorwiegend für Fußkranke konzipiert
und sie gingen meinem Knie nur sporadisch auf die Nerven. Am Tempel oben wollten wir ein Exempel statuieren.
Jeder kaufte für 100 Baht ein niedliches Goldglöckchen, das wir nach dem Erklimmen einer steilen Wendeltreppe auf der Plattform oben an die Wunschstatue hängten, verbunden mit dem Wunsch nach Heilung, wenigstens ein bisschen.
Unmittelbar ergab sich keine Linderung. Wie man aber weiß, dauern Wunder leider etwas länger.
Die Aussicht vom Wat Saket auf dem Golden Mount ist fabelhaft und man könnte stundenlang nach unten auf das betriebsame Leben staunen, in das sich die Menschen hier eingenistet haben.
Man sieht ein armes Viertel von oben, jeder kennt dort wahrscheinlich jeden, die Menschen wohnen so dicht beieinander, dass ihre Hütten durch nichts getrennt sind. Jeder hier war irgendwie tätig,
versuchte irgendetwas zu verkaufen, und sei es als Bettler sein Elend.
Wieder unten und eingereiht im großen Spiel, spazierten wir noch einige Straßenzüge weiter,
(man beachte die schläfrigen Warane im Schmutz des Klongwassers)
aber das Knie hielt für uns ein weiteres Tuk Tuk an, das uns an den neu errichteten „Jodiman-Walkway“-Pier brachte. Ein gepflegtes und teures Pflaster. Nix für einkaufende Thais, erbaut als Einkaufspalast für reiche Touristen. Dort wurden wir auf bisher unbekannte Weise vom Personal unflätig und abschätzig behandelt, nachdem wir den Preis von 1500 Baht (= 36 Euro) für eine Klongfahrt von 1 Stunde als zu teuer zu bezeichnen wagten. Kläusche beschimpfte das girl dafür mit seinem einzigen Thai-Schimpfwort(„, Chai dam“), das herzlos bedeutet. Komischerweise hinterließ dies jedoch nur wenig Eindruck. Wir müssen unbedingt prüfen, was es wirklich bedeutet.
Das sind wohl die Spuren, die der unseelige Tourismus zurücklässt und viele Thais, die mit ihm in Kontakt kamen, speziell sozialisiert hat, so dass man das „Land des Lächelns“ in nur wenigen Jahren vielleicht nur noch im Hochglanz-Prospekt sehen wird. Gottseidank gibt es aber noch andere Erfahrungen.
Nach einem kleinen Bierchen trennten sich unsere Wege. Mein Knie geleitete mich unter die kalte Dusche, zur Voltaren-Einreibung, ins Bett zu einem Mittagsschläfchen und zur Ibuprofen-Tablette.
Am Abend ließ ich mir meine spärlichen Muskelpartien bei einer Thaimassage durchkneten und meine lädierten Glieder und Gelenke bis aufs Äußerste verrenken. Kläusche bevorzugte die etwas sanftere Nacken- und Rückenmassage gegen seine Verspannungen. Bei einschläfernder Meditationsmusik versank mein Reisepartner ins Nirgendwo und plötzlich hörte er wohl von irgendwoher die Englein singen, was sich später aber tatsächlich als ein Weihnachtsliedchen aus dem Radio an der Decke herausstellte.
Das Reisen besteht aus Ankommen und Weiterreisen.
Nach dem Frühstück im Garten des Lamphu Houses traten wir mit unserem Gepäck nach draußen auf die Gasse und waren umringt von weltfremden Angeboten so mancher Taxi- und Tuk Tuk-Driver.
Die Hinterhältigkeit so mancher Geschäftemacher ist eher eine Vorderhältigkeit und schnell zu durchschauen. Gut zumeist, dass man die Gutartigkeit der anderen Sorte Mensch auch schnell bemerkt. Von einem Mitglied der TukTuk-Mafia mit astronomischen Preisvorstellungen wurden wir wie zufällig und sicher gegen seinen Willen zu einem solchen Gutmenschen geführt, der uns vertrauensvoll und ohne Sperenzchen zu einem fairen Preis an den Southern Bus Terminal brachte. Dort wurden wir von einer beschäftigungslosen aber sehr netten Dame vorzugsweise behandelt. Sie telefonierte gar mit dem Fahrer des Van, wann er am Bahnsteig sei. Alles klappte hervorragend und noch vor 12 Uhr standen wir in Ayutthaya auf der heißen Straße. Ein Tuk-Tukfahrer, der uns eigentlich zu Tonys Place Gh bringen wollte, sagte uns nach kurzer Rücksprache, das Gh sei nicht weit und zeigte uns die Richtung. Man bedenke, er verzichtete freiwillig auf seinen kleinen Verdienst. (Laut pfälzischem Reiseführer ein "chai die",gutherzig).
Das „Tonys Place“ ist wirklich eine Besonderheit. Erbaut im nordthailändischen „Lanna“-Stil ausschließlich aus Teakholz. „Ein Zimmer wie im 4-Sterne-Hotel!“ Originalzitat Kläusche. Man glaubt es kaum.
Eine Radtour auf quietschenden „Untersätzen“ durch die ehemalige Hauptstadt (mit dem vollständigen Namen Phra Nakhon Si Ayutthaya) des siamesichen Reiches vom 14. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, als es vom birmesischen Reich vernichtet wurde und die nachfolgende Chakri-Dynastie die neue Hauptstadt in Thonburi und wenige Jahre später in Bangkok gründete. Am Spätnachmittag lernten wir auf einer zweistündigen Bootsfahrt auf drei Flüssen,
die den Stadtkern wie ein Wassergraben umschließen,
mehrere Tempelanlagen kennen,
wobei letzterer, der Khmertempel Wat Chai Wattanaram, den besten Eindruck bei uns hinterließ, auch weil er ab Sonnenuntergang um 18 Uhr sehr kunstvoll beleuchtet wurde und so seine ganze Schönheit preisgab.
Noch ein gutes Essen und einige, nicht zu wenige Bierchen danach und wir fühlten uns wie Happy Buddha persönlich.
"So einen Geburtstag wünsche ich mir auch!", sagte Kläusche noch beim Einschlafen.
Sukothai, 8. November 2015
Jetzt, nach fast einer Woche, muss mal gesagt werden, dass entgegen aller Unkenrufe die Minireisegruppe Klaus & Klaus ziemlich entspannt, rundum zufrieden und langsam durch die thailändischen Menschenmassen stolpert. Und weil Langeweile keine Chance hat, tun sie dies mit einem Lächeln im Gesicht, wie es die Thai schon seit eh tun. Mit dieser Hochstimmung lässt sich angenehm reisen.
Allerdings wurden wir von vielen Thais, auch von Damen im schon fortgeschrittenen Alter, mit „Papa“ tituliert, was wir gar nicht so richtig verstanden haben.
Einen Tag in Ayutthaya, der alten Hauptstadt des Siamreiches, die genau darauf sehr stolz ist.
Wir radeln durch den Rama-Park zu den Tempelanlagen und registrieren mit Genugtuung, mit welcher Hektik so manche Touristengruppe, ob aus Frankreich oder China, die Prangs, Chedis und Viharn abhaken.
Der Führer erzählt kurz etwas, zack, Photo hier, zack, Selfie dort, zack, und schon wieder weg. Das Fähnchen des Führers ist schon hinter dem nächsten Prang verschwunden.
Das Schöne daran ist, dass nun wieder Platz und Ruhe vor dem Fotomotiv bleibt. Für einige Momente.
Dabei lösen der sitzende Buddha unter dem Bodhibaum des allmählich zerfallenden Wat Mahathat,
der vom Feigenbaum eingewachsene Buddhakopf
und der berühmte Wat Phra Si San Phet, dessen Chedi die Asche div. Könige enthält,
regelrechte Fotografierreflexe aus.
Im Schatten einer Tamarinde sitzend werde ich von einem Schulmädchen in Uniform mit blauem Rock und hellblauer Bluse um ein Interview gebeten. Klaus & Klaus geben jetzt also Antworten auf Fragen, wann und warum man nach Thailand kommt, was einem besonders gefällt, ob man Thailand liebt und wie es mit dem Essen so ist und ob man lange bleibt und ob man wiederkommt. Artig beantworten wir auch die entscheidende Frage: „Welches ist ihr Lieblingsland?“
Honig, wie das Mädchen hieß, zog zufrieden ab zum nächsten Befragten mit, ich wette, identischen Antworten.
Die Thai-Welt ist schwer in Ordnung.
Durch den Ramapark kann man auch ganz fürstlich auf dem Rücken eines Elefanten reiten,
bunt geschmückt und mit geschmücktem Mahout. Der Nachteil: Man kommt nicht sehr weit.
Zehn Minuten kosten 300 Baht, 20 Minuten immerhin 600 Baht, 30 Minuten 850 Baht. Man kann sich vorstellen, wie weit ein Elefant in dieser Zeit kommen kann. Ein Fahrrad für 40 Baht am Tag bringt da Geschwindigkeits- und Preisvorteile.
Wat Yai Chai Mongkol liegt außerhalb des historischen Stadtkerns, dem wir unbedingt einen Besuch abstatten wollten. Der 62 m hohe Chedi wurde unter König Naresuan in Erinnerung an den historischen Sieg über die Birmanesen errichtet. Es war ein Sieg der besonderen Art.
Der junge Prinz Naresuan hatte 1592 nämlich den burmesischen Widersacher Phra Maha Uparacha zu einm Zweikampf auf dem Rücken eines Kriegselefanten herausgefordert und besiegt. Der Deal war im Falle des Todes des burmesischen Herrschers der Abzug der Armee und im anderen Fall die Unterwerfung und Versklavung der Thai.
Dieser Kampf auf Leben und Tod der Herrscher war eine Heldentat, wie man sie sich auch für die heutigen Kriegstreiber wünschen würde.
Solchem Heldenort wollten wir unbedingt unseren Besuch abstatten und so radelten wir mit unseren Schepperfahrrädern hinaus, um zu huldigen. Der Weg dorthin führte allerdings über eine sehr stark befahrene Brücke; zwei Fahrradfahrer hatten die wenigsten Thais dort schon mal gesehen.
Auf dem Weg machten wir an einer mit Thais vollbesetzten Garküche Halt. Kaum hatten wir den Fuß in die Halle gesetzt, entbrannte der Kampf um die Krone, uns n i c h t bedienen zu müssen, zwischen mindestens 5 Bedienungen.
Bis sich schließlich die Mutigste der fünf ein Herz fasste und unsere mit Hand und Fuß (so sagt man bloß) aufgegebene Bestellung innerlich übersetzte. Das allgemeine Kauderwelsch gipfelte darin, dass sie sich für uns auf Suppe und Fried rice festlegte, jeweils mit Wasser.
Fürsorglich kümmerte sich unsere Dame anschließend auch noch um das richtige Besteck und die perfekte Handhaltung. Für diesen Tag war der Besuch der älteren Weißnasen im Thai-Foodstall sicher der Höhepunkt.
In Tonys Place kühlten wir uns im Pool etwas ab, tranken ein eiskaltes Chang und begannen den Abend mit einer gemeinsamen Tom Yum Kung (perfekt!), einem Reisgericht mit süß-saurem Beef und Nudeln mit Hühnchen, Gemüse und Cashew.
Klingt gut, gell.
Am Morgen Übung in asiatischer Geduld. Gebucht hatten wir ein Busticket nach Sukothai. Das Tuk-Tuk sollte uns um 9 Uhr abholen, war aber 10 nach neun noch nicht da. Die Frage war aushalten oder fragen. Auf Grund diverser Erfahrungen mit knappem Ausgang fragte ich an der Rezeption nach dem Pickup. Dort wurde man tatsächlich etwas nervös und telefonierte. 10 Minuten später fuhr das Tuk-Tuk vor und der Fahrer gab seinem Nähmaschinenmotor die Sporen, war offensichtlich heilfroh, als er bei der Ankuft an der Bus Station feststellen konnte, dass der Bus nach Sukothai noch nicht abgefahren war. Der kam aus Bangkok und hatte natürlich oder Gottseidank Verspätung. Davor kamen immer wieder Busse an und fuhren weiter und wir saßen im Schatten vor der Frage:“War das jetzt unserer?“
Ihr könnt euch sicher nicht im geringsten vorstellen, wie „Sukothai“, von einer gelangweilten Dame durchs Mikrofon gedehnt, in einem „Farang-Ohr“ klingt.
Kurz, der Bus kam tatsächlich noch, und nach mehrfachem Fragen beim Busfahrer, ob er auch wirklich nach Sukothai fahren würde, zwängten wir uns in die Sitze D5+E5, hielten 6 Stunden krampfhaft unsere kleinen Rucksäcke wie Babies auf dem Schoß.
Man mag es kaum glauben. Wir kamen an - allerdings nur am Busbahnhof von Neu-Sokothai. Die fehlenden 12 km ins historische Sukothai übernahm ein Songtheow, das uns bis vor das „Orchid Hibiscus Gh“ von Paolo brachte, dem alternden Sinnesmenschen und Freund.
Chiang Mai - 11.11.2015
„Die K-und K-Monarchen liegen im Himmelbett und schnarchen.“
Könnte ein Motto des vorgestrigen Tages und vor allem der Nacht gewesen sein.
Wir waren ins Paradies von Paolo eingetaucht. In seinen tropischen Paradiesgarten mit den
duftenden Blüten, singenden und sprechenden Vögeln und den liebevoll eingerichteten Bungalows, wo wir am späten Abend müde ins besagte Himmelbett fielen.
Kurze Zeit später begann der reale Horror der Nacht. Bei mir rutschten aus unerfindlichem Grund die Stöpsel immer wieder aus dem Ohr und so war ich zumindest für Minuten den Lärmangriffen schutzlos ausgeliefert. Kläusche wurde von seinen geheiligten Oropax - auf die er bisher schwörte - schmählich im Stich gelassen. So hatten wir statt einer langen Nacht eine kurze.
Aber Paolos „incredible breakfast“ (black coffee, Spiegelei, Toast, Marmeladen, Butter, süße Bananen, wilder Honig und Coconut-Pudding im Bananenblatt - lecker, sag ich euch) brachte uns die Zuversicht wieder zurück.
Gegenüber der Stille vor Jahren ist heute der Tourismus offensichtlich auch hier angekommen.
Im Eingangsbereich des Parks haben sich unzählige Garküchen und Souvenirhändler niedergelassen und ganze Pulks von radelnden Touristenmassen erschreckten uns fürs erste.
Schon nach kurzer Zeit aber war der Spuk beendet und wir waren mit der berauschenden Geschichte allein.
Um 1238 eroberten die aus dem Norden einwandernden Thais dieses Khmer-Gebiet mit einer starken Armee und errichteten mit den ersten Palästen und Tempeln die neue Hauptstadt Sukothai, die „Wiege Thailands“.
König Ramkhamhaeng entwickelte aus der Mon-Schrift das heutige Alphabet, holte ceylonesische Mönche ins Land, die den Theravada-Buddhismus im jetzt neu geeinten Land verbreiteten und so wurden die hinduistischen Einflüsse der Khmer verdrängt.
Die schwer befestigte Stadt mit imposanten Palastanlagen wurde kurz zum Machtzentrum der Thais, ehe es schon Mitte des 14. Jahrhundert dem aufstrebenden Ayutthaya unterlag.
Fasziniert vom Zauber der Tempelanlage Wat Mahathat gondelten wir beseelt durch den „Historical Park Old Sukothai“, ein Areal mit Jahrhunderte alten Bäumen, Wassergräben und -speicher und die Stein gewordene Schönheit der Buddhafiguren im typischen Sukothaistil.
Dieses milde und demütige Lächeln!
Die Sonne brannte an diesem Tag besonders heiß vom Himmel, aber dank unserer unerhört hohen Geschwindigkeit auf den quietschenden Stahlrössern blies uns der kühlende Fahrtwind ins Gesicht. Dennoch, nach wenigen Stunden Altertumskunde und Anschauungsunterricht in asiatischer Ästhetik, einem kalten Fruchtjuice und einer Suppe, schlichen wir zurück in unsere Oase, um den Nachmittag faul am Pool zu erleben.
Unser Plan am nächsten Morgen: Den Sonnenaufgang oben auf dem 50 m hohen Hügel des Wat Sapan Hin zu erleben. Also stellten wir den Wecker auf 5 Uhr. Gerade, als wir in noch stockfinstrer Nacht schon 50 Meter auf den Rädern saßen, begann es zu tröpfeln. Wir kombinierten: Wo Regenwolken, da keine Sonne, wo keine Sonne, da kein Sonnenaufgang - und schlüpften flugs ins Himmelbett.
Wir hatten Glück. Denn schon wenige Minuten zurück im Bungalow, prasselten dicke Regentropfen auf das Dach und ein tropischer Regenguss ging auf die Welt nieder.
Entspannung am Pool ist angesagt.
Lesen ist in diesem Fall manchmal nur ein Hindernis. Zeit für den Kopf, die Sinne, die fliegenden Gedanken.
Die Augen geschlossen, den vielen Geräuschen hinterher. Oder offen, nach oben in den Himmel gestarrt: Die Wolken zogen flott und eilig an der gleißenden Sonne vorbei, und der Wind rauschte leicht in den Palmen und den Büschen. Eine Zeitlang genügte es, den Insekten zuzusehen, die kleine, sich weitende Kreise auf der Oberfläche des Pools hinterließen. Dann war die Sonne wieder weg, und ich spürte, wie etwas Ruhiges sich um uns sammelte.
Ein Hund stand plötzlich vor der Liege. Reglos stand das Tier da, struppig und alt das Fell. Sah mich an - und auch nicht. Bis ich bemerkte, dass es blind war. Und alt und langsam. Das Langsame hatte in diesem Tier einen entschlossenen Verfechter, das war mir sympathisch. Für einen Moment stand die Welt still und alles hatte seine Richtigkeit. Dann trottete er weiter. Langsam.
Am späten Nachmittag strampelten wir noch genüsslich an saftig grünen Leisfeldern, zugewachsenen Lotusteichen und schwarzbraunen Laterittempeln vorbei, passierten Dörfer mit schwarzgebrannnten Stelzenhäusern aus Teakholz, kamen von Süden in die alte Stadt und ergötzten uns an vielen kleinen Lebenssituationen der kleinen Leute.
Unsere Tour endete am neuen Markt mit Gemüse- und Obstständen und Garküchen mit vielen ungerochenen Gerüchen und allerhand Unbekanntem. Eine Staude kleiner süßer Bananen und eine scharf gewürzte Wurst waren unsere Einsteiger. Kläusche vergriff sich an einer Hühnerleber und verzichtete auf die danebenliegenden Köstlichkeiten.
Ein Besuch im Palast von Paolo, vor 2 Jahren gebaut, war der Hammer. Ein riesiges Areal an der Straße mit einem länglichen rechteckigen Seerosen- und Lotusteich, etwa 40 Meter lang, in der Mitte eine Brücke in den Eingangsbereich zum Garten. Vor dem Graben an der Straße viele Töpfe mit Bougainvilleabäumchen. Dahinter dann der üppige tropische Garten und von einem jungen Palmenwäldchen versteckt der Palast. Ein aufwendig gebauter und mit edlen Materialien gestalteter Bau im markanten Ayutthayastil. Rötliches und dunkles altes Teakholz auf Böden und Balkonen, flache Sukothaiklinker die Mauern, die untere Ebene mit großzügigen Glasfronten. Im oberen Stockwerk zwei offene Balkone nach Osten und Westen mit kupfernen figurengeschmückten Brüstungen. Dazwischen farbiges Thaiglas. Die Räume riesig geschnitten mit viel Raumgefühl und teuren Antiquitäten, fast alle wertvoll und günstig in Mae Sot aus Myanmar erstanden. Dunkle Kommoden, mannshohe Tänzer aus Teakholz, Ensemble aus kupfernen Mythenfiguren geometrisch aufgestellt, komfortable Polster- und sonstiges Zeug. Alles kostbar, alles teuer, alles aufeinander abgestimmt.
Wir kamen eine halbe Stunde aus dem Staunen nicht heraus und Paolo sonnte sich in seinem Glanz, bis wir uns verabschiedeten und uns auf unsere Räder schwangen. Dann ging die Sonne unter und er war allein.
Am sonnigen Morgen im vollbepackten TukTuk (Klaus&Klaus + Amerikanerin Mira mitsamt mächtigem Gepäck - no Problem, der Kommentar des Drivers, und es ging tatsächlich) zum Busbahnhof und in fünfstündiger, ereignislosen Fahrt im komfortablen Doppelstockbus nach Chiang Mai.
Leider gab es im Gap’s House nur noch ein muffiges und dunkles Zimmer und überhaupt stimmt dort irgendetwas nicht. Macht einen heruntergekommenen Eindruck.
Jetzt sind wir halt im Top North Gh ganz in der Nähe untergebracht.
Ein erster Gang durch die Altstadt bringt uns dann zum schönen, zierlichen alten Holztempel
Wat Phan Tao und gleich daneben der aufwändig renovierte Viharn des Wat Chedi Luang.
Der Frieden spendende Buddha in Gold und die schwarzen Säulen mit goldener Ornamentik
beeindrucken mächtig. Die Stimmung steigt noch an, als kurze Zeit später die Mönche des Klosters im Viharn ihren abendlichen Singsang veranstalteten. Wir hocken in respektvoller Haltung (Fußsohlen von Buddha abgewandt) und lauschen verzückt.
Für morgen buchen wir einen Kochkurs mit 8 Gerichten im Gap’s House. Mal sehen, ob die Gerichte auch schon etwas muffig sind.
Danach gab es heute schmackhaftes Pad Thai im Omelett und einen absolut köstlichen frittierten ganzen Fisch mit Gemüse, Knoblauch, Limette und jede Menge frische Kräuter. Ein Hochgenuss!
Chiang Mai - 14.11.2015
Wir sind jetzt gut zehn Tage unterwegs und es gab gerade mal 2 Essen, die uns nicht geschmeckt haben. Wirklich. Das Essen hier verfügt über eine große Vielfalt - wenn man sich darauf einlässt.
Heute nun war die Gelegenheit, einen tiefen Einblick in die Geheimnisse der Thaiküche zu nehmen.
Zuerst brachte uns Jo, unser witziger Vorkocher, zu einem Vorortmarkt, wo wir die verschiedenen Gemüse, Kräuter und Gewürze der Thaiküche begutachten und teilweise auch kosten konnten.
In „Gap’s Thai culinary art school“ - einem verwilderten und zugewachsenen Garten mit Pavillons zum Esssen und für die verschiedenen Kochstellen,
produzierte Jo zunächst ein grünes Curry, wobei er die einzelnen Zutaten vorstellte und auch schmecken ließ und in einem Mixer zu einer Paste verarbeitete. Damit kochte er nun im Wok ein „Chicken green curry“ mit Coconutmilk und wir sollten danach mit seiner kleinen Hilfestellung dies nachkochen. Die nötigen Zutaten waren von einigen Helferlein schon geschnippelt und bereitgestellt. Wert legte er auf die eigene Balance der Zutaten, die man durch kosten und nachwürzen herstellen konnte.
Auf diese Weise lernten wir kennen: ein Fischsouffle im Bananenblatt, Jasminreis,
einen Thai style fish cake mit Gurkensoße,
ein Stir fried Chicken mit Cashew nut
und eine Spicy & sour Lemongrass Soup with shrimp.
All dies - ob gelungen oder nicht, ob zu süß oder zu sauer, weil die vielbesungene Balance nicht gefunden wurde, ob zu scharf oder zu wässrig - haben wir dann gemeinsam verdrückt.
Mit Klaus&Klaus waren noch Maria und Alexandra aus Warschau und Marion und Maxim aus Bordeaux. Das ergab ein nettes Kauderwelsch, wobei Maria ein erstaunliches deutsch beherrschte, obwohl sie erst seit drei Monaten in Köln lebt.
Nach der Pause bereiteten wir noch eine Nachspeise - Banane in Kokosnussmilch -, einige Frühlingsrollen und ein Pad Thai im Omelett zu.
Dies, in Styroporboxen und Plastiktüten verpackt, ließen wir uns am Abend zu Hause bei einem Bierchen schmecken.
Eine Idee vom Wok-Kochen blieb zurück und vor allem der Spaß, den uns der Tag zweifellos gebracht hat.
Von unserem Zeitgefühl im Stich gelassen, gondelten wir wahllos durch die ruhigen und engen Gassen der Altstadt von Chiang Mai,
besichtigten hier und dort einen überdekorierten und mit viel Gold alleingelassenen Wat,
sahen den Mönchlein beim Fußballspielen oder beim English-Chat mit Ausländern zu oder lauschten den virtuosen Improvisationen zweier Musiker bei einem Bauernmarkt am Lanna-Volksmuseum.
In einer der ältesten Klosteranlage trafen wir Trevor, einen bärtigen Waliser, der erstmalig allein durch Asien reist und witzige Bemerkungen zu den Unterschieden der Kulturen, zu den Weisheiten seines 57jährigen Lebens eines unzufriedenen Architekten und zum gesellschaftlichen Niedergang der westlichen Kultur von sich gab.
Eine erfrischende Unterhaltung - leider auf englisch.
Das religiöse Zentrum, der 1345 gegründete Wat Phra Singh, ist der wichtigste Tempel im Altstadtgebiet. Dort hielten wir uns etwas länger auf und bei der überladenen und von Prunk und Gier gesteuerten Renovierung - hier ahnte man, dass Thailand längst kein Schwellenland mehr ist und für asiatische Verhältnisse als reich zu bezeichnen ist - freute ich mich auf die schlichte Schönheit laotischer Tempel.
In einem kleinen Park innerhalb der Anlage hielt eine große Schülerschar eine kleine Essensrast ab. Die Ruhe und Disziplin der etwa 120 Schüler war faszinierend. Wir alten Hauptschullehrer schauten dem geordneten Treiben mit offenstehenden Mündern zu und beneideten die Thailehrer, die lässig im Schatten saßen und sich ihr Lunch schmecken ließen. Als die Schüler abgezogen waren, fand sich kein einziges Plastikschälchen, kein winziges Papierchen auf dem Boden. Wow!
An den Bäumen des Parks waren Sprüche von Buddha angebracht, deren Intention teilweise
diametral zu dem Gold der Tempel, der Prunksucht und der Fülle an kostbaren Opfergaben stand. Ich bin mir sicher, daß er dieser Entwicklung nicht mit Freuden zusehen würde.
Tiziano Terzani hat am Buddhismus immer die Toleranz gefallen und - wie er im „Fliegen ohne Flügel“ schreibt:- „die Tatsache, dass es keine Sünde gibt, nicht diese dumpfe Last, die wir aus dem Westen mit uns herumschleppen und die im Grunde unsere ganze Kultur zusammenhält: das Schuldgefühl. In buddhistischen Ländern gibt es etwas derartig grundsätzlich Verurteilenswertes nicht. Keiner macht einem irgendwelche Vorwürfe oder will einem eine Strafpredigt halten, eine Lektion erteilen. Darum fühlt man sich in diesen Ländern so wohl, und darum suchen so viele junge Reisende aus dem Westen die Freiheit. Der Buddhismus lässt einen in Frieden. Er verlangt nichts, schon gar nicht, dass man Buddhist wird.“
Stimmt, beinahe. Oder besser gesagt: heute nicht mehr so sehr.
Auch der Buddhismus hat - je länger man ihn beobachtet - ein häßliches Gesicht. Die Goldkrankheit und Dekorationsgeilheit ist eine Facette davon. Die Majestätsbeleidigung des Rama-Königs (Gottkönig) Bhumipol(der nicht einmal mehr weiß, dass er König von Thailand ist) eine andere.
In Myanmar zeigt sich noch eine andere, der Toleranz entgegengesetzte Fratze!
Am Abend gab es wieder Deep fried fish mit Gemüse, Kräuter und Lemon. Uns begleitete Mira aus San Francisco, die wir im Bus von Sukothai nach Chiang Mai kennen gelernt haben und die im selben Hotel abgestiegen war. Beim Essen und dem anschließenden banana pancake diskutierten wir über Gott (wenig) und die Welt.
Heute hatten wir eine Tour in den Doi Inthanon NP gebucht. Nach einer Stunde Fahrt ließen wir uns auf dem Rücken eines alten Elefanten tüchtig durchschütteln,
bewegten uns schüchtern durch ein nicht sehr intaktes Karendorf.
Die Karen leben ursprünglich im Shanstaat in Myanmar, wo sie jahrelang im bewaffneten Bürgerkrieg mit der Militärregierung standen. Viele Familien flohen deshalb wenige Kilometer über die Grenze nach Thailand, wo sie dann mit Genehmigung der Regierung Dörfer gründeten. Dieses Karendorf nun war etwas heruntergekommen und wir bekamen nur die Hühner, Hängebauchschweine
und einige Frauen am Webstuhl zu Gesicht.
Ansonsten waren die schiefen Bambushütten menschenleer. Beim Anstieg im Dorf sah man überall tiefe Furchen, vom Regen in den Lehmboden gegraben. Man möchte sich hier das Leben in der Regenzeit erst gar nicht vorstellen.
Weiter ging es auf engen Pfaden durch Wald, an grünen und schon abgeernteten Reisfeldern vorbei, immer wieder glotzte uns ein Wasserbüffel an,
überquerte man waghalsig den Fluss auf schaukelnden Bambusbrücken, bis wir in einem tiefen Tal an einem Wasserfall eine Pause einlegten.
Ich sah aus, als wäre ich gerade von der letzten Bambusbrücke in den Mae Wang gefallen.
Nach einem kleinen Anstieg und einer kurzen Fahrt hatten wir ein reichhaltiges, einfaches Mittagessen.
Danach war viel Feuchtigkeit und Wasser angesagt.
Auf einem schmalen Bambusfloss - das mehr im als auf dem Wasser schwamm, weshalb Hose und unterer Teil des T-Shirts sofort durchnässt waren - fuhren wir eine Stunde den Mae Wang hinunter, über kleine Stromschnellen (bei denen man fast bis über die Hüfte im Wasser saß), durch enge Felspassagen hindurch und trieben so an dichten Wäldern mit hohen Urwaldriesen entlang hinunter zur Ausstiegsstelle vor einem kleinen Wasserfall.
Nach einer Stunde Rückfahrt am Hotel angekommen, war die Kleidung noch immer bätschnäss - wie der Schwabe sagt.
Jetzt geht es zum Mekong nach Chiang Khong.
Luang Namtha (Laos) - 17.11.2015
Wir haben ihm uns heute im eng mit 13 Travellern besetzten Minibus angenähert und am späten Nachmittag hockten wir an seinem Ufer bei einem Chang Bier und lassen uns verzaubern:
Der Mekong. Buddhas magischer Strom.
Langsam schiebt sich das Flussboot gegen die Strömung dem Ufer entgegen. Eine Gruppe kleiner zotteliger Kinder am Ufer winkt uns zu und lacht. Frauen in der nahen Garstube beenden ihre Arbeit. Jede Kleinigkeit strahlt Ruhe aus.
Ein mondänes River Cruise Schiff, ist in der Ferne mit Touristen unterwegs, weit weg vom Rest der Welt.
Auf der laotischen Seite des Flusses sind die Hügel häufig kahl, braun und grau. Der Wald ist teilweise abgeholzt, Plantagen ersetzen ihn; in den letzten Jahren erst ist das passiert, denn bei unserer ersten Mekongfahrt im November 2008 waren die Wälder noch wild und intakt.
Zwei Momentaufnahmen. Hier, an der Lebensader Südostasiens, kommen dir die Kontraste an manchen Orten besonders heftig und verwirrend vor, weil mit dem Mekong ein Mythos verbunden wird, auch ein spiritueller Nimbus.
Die etwa 5000 km lange Lebensader Südostasiens hat in ihrem Verlauf viele Namen. Sie entspringt im äußersten Nordwesten Chinas, nicht weit vom Dach der Welt, Tibet. In den Gebirgstälern des Himalaya wird das Flüsschen Lancang Jiang genannt, was so viel wie „Wilder Fluss“ bedeutet.
Erst im Grenzgebiet von Myanmar, Thailand, China und Laos, im berüchtigten „Goldenen Dreieck (eigentlich Viereck)“ also, ist der westlich geprägte Name Mekong entstanden. Es ist ein Kunstwort, zusammengefasst aus dem poetischen Begriff „Mae Nam Khong: Mutter aller Wasser“. In Kambodscha wird der Fluss zum „Großen Wasser“, dem Tonle Thom und in Vietnam schließlich verzweigt sich der große Strom ins Delta der „Neun Drachen“, einem Netz aus Hauptarmen und vielen Nebensträngen.
Der Mekong versorgt seit Jahrtausenden die Menschen in Südostasien, die ohne diesen Fluss kaum lebensfähig sind. Und er zählt vor allem im Süden, in Laos, Kambodscha und Vietnam bisher zu einem der fischreichsten Gewässer der Welt.
Dieser Status ist aber gefährdet. Die vielen Staudämme am Oberlauf in China und die Projekte vor allem in Laos (von China gebaut), die der Region zu wirtschaftlichem Aufschwung verhelfen sollen, werden den Fluss - wie schon heute zu erkennen ist - über weite Strecken strangulieren.
Für eine Nacht wohnen wir in Chiang Khong im netten „Namkhong Gh und Resort“, (Twinroom für 700 Baht= 18 E mit Frühstück) 50 m vom Fluss entfernt, in einem grünen Garten mit Pool, den wir aber nicht benutzen.
Am Mekong, der uns in der Dunkelheit vertraulich zugeblinzelt und zur Begrüßung mit einem verstohlenen Lichtreflexenspiel empfangen hat, haben wir in einem offenen Flusslokal einen deep fried Mekongfisch (Pangasius - ein Flusswels) mit Knoblauch und ein leckeres Nudelgericht mit chicken verdrückt und obwohl es nicht glaubhaft klingt, der Teller mit den „deep fried vegetables“ schmeckte am besten.
Noch vor 2 Jahren hat man den Mekong am „Gate to Indochina“ bei Chiang Khong noch ziemlich „romantisch“ mit einem Longtailboot überquert.
Heute fährt man mit dem chinesischen Pendelbus über die vierte „Freundschaftsbrücke“ zwischen Thailand und Laos.
Vom Gh wurden wir um 8.30 Uhr an diese Brücke gebracht, 10 km südlich des Ortes. Austrittsstempel auf thailändischer Seite war eine leichte Übung. An der laotischen „Immigration“ dann die ewige Schlange. Formulare ausfüllen und warten. Obwohl das Immigrationsgebäude aussieht wie ein riesiger Tempel mit großem Dach, stehen wir lange in der Hitze, ehe wir uns zum Schatten vorgewartet haben. Nach Abgabe von Pass und Formular wieder warten. Irgendwann zahlt man die Eintrittsgebühr - „visa on arrival“ genannt. Wer zahlt, darf eintreten in das sozialistische Laos. Freies Reisen für 30 Tage.
Wir werden etwa 29 Tage in diesem Land bleiben, das zu den ärmsten der Welt zählt.
Welcome in Laos.
Am ATM Geldwechsel. Kläusche erhält 1 000 000 KIP. Gottseidank kein so dickes Bündel, so dass man es leicht zählen kann.
Die meisten Reisenden lassen sich an die Bootsanlegestelle im Norden von Houay Xai fahren, um sich zwei Tage lang in voll besetzten Touristenbooten auf dem Mekong nach der alten Königstadt Luang Prabang schippern zu lassen.
Wir wollen nach Norden in die Berge und werden zum Busbahnhof gebracht.
Gleich als wir den Bus zum ersten Mal sahen, hatten wir ein ungutes Gefühl. Aber das ist nicht weiter verwunderlich. Denn man hat selten ein gutes Gefühl, wenn man einen laotischen Bus sieht.
Es war ein kleines blauweißes Fahrzeug und es stand auf dem Busbahnhof von Houay Xay.
Vor der Abfahrt wurden erstmal die ganzen Gepäckstücke auf das Dach gehievt: eine neue Waschmaschine, Reissäcke, Kartons und Kisten größeren Ausmaßes und auch unsere Koffer. Und die letzten Säcke wurden im Gang des Busses verstaut.
Kurz vor der Abfahrt wurde der Bus von fast allen Wartenden im Bahnhof gestürmt und war bis auf den letzten Platz gefüllt.
Der Busfahrer hupte zur Abfahrt und der Bus ruckelte los.
Wir fuhren durch namenlose Dörfer mit staubigen Hütten aus Bambus, die mit getrockneten Palm- oder Teakblättern gedeckt waren, dazwischen Menschen, Ziegen, Kühe sowie nackte Kinder und Hühner, die wie hungrige Truthähne aussahen.
Bald wurde die flache Landschaft gebirgig. Der Bus keuchte die kurvigen Straßen empor in eine Höhe, von der aus man einen besonderen Blick auf die Bergwelt des Bokeo NP hatte. Die Luft roch meist sehr süßlich nach Blumenduft und manchmal auch nach Rauch und einige Hänge waren brandgerodet.
Die Gegend draußen wurde immer abenteuerlicher, die Dörfer immer ärmlicher und die Straße immer löchriger. Der Fahrer übte sich häufiger in gewagten Ausweichmanövern, obwohl unser Reiseführer von einer gut ausgebauten Straße in die Provinzhauptstadt Luang Namtha gesprochen hatte. Aber jetzt wurde klar, warum der Bus fur die 170 km mehr als 4 Stunden benötigen sollte. Obwohl diese Verbindung eigentlich zu einer wichtigen Handelsroute vom „Goldenen Dreieck“ nach Südchina gehört.
Vom Busbahnhof in Luang Namtha brachte uns ein Songthaew in die Stadt und wir mieteten uns im Soulamith Gh ein, einem gepflegten Steinhaus mit viel dunklem Holz. Sehr nett.
Am Abend beim ersten Bier spricht uns Pit an, ein alter Radfreak aus Unterhaching, der allein mit dem eigenen Fahrrad hier unterwegs ist, und wir essen später gemeinsam im Minoritäten-Restaurant von Luang Namtha. Es wird ein gesprächiger und bierseeliger Abend und wir sinken angesäuselt in unsere Betten.
Luang Namtha ist eine Stadt, deren Beschreibung im Loose sich einfach zu gut anhört, um sie zu verpassen. Sie erstreckt sich durch ein Tal, das umgeben ist von sanften, kalkhaltigen Bergzügen, an denen Reis vor allem, aber auch Mais, Maniok und Erdnüsse angepflanzt werden. Im Umland leben die Menschen von der Büffel- und Viehwirtschaft und vom Fischfang. Sie bauen Kautschuk an und Teakholz, ernten Wassermelonen und Zuckerrohr.
Eine Reihe von Reiseanbietern entlang der Hauptstraße wetteifern um die Touristen mit ein- und mehrtägigen Trips durch Dschungel und Dörfer der verschiedenen Ethnien, die pro Woche höchstens zweimal Besuch von kleinen Wandergruppen erhalten, damit sie nicht vom Tourismus abhängig werden. Die Einwohner der Minderheitendörfer versorgen die Touristen beim Homestay, kümmern sich um die Instandhaltung der Waldpfade und Unterkünfte. Mehr als die Hälfte der Einnahmen der Touranbieter gehen laut Loose an die Dörfer und Führer der Touren. Wollen wir es hoffen.
Wir allerdings haben nach der Tour in Chiang Mai mit einer 1,5 h kleinen Wanderung in der Hitze eingesehen, dass schweißtreibende Trekkingtouren, meist steile Pfade hinauf und wieder hinunter einfach out sind. Meint auch mein Knie.
Also mieteten wir uns heute wieder Fahrräder, um in einer kleinen Radtour die Landschaft zu genießen und auch einige Dörfer zu besuchen.
Zunächst geht es die kerzengerade Hauptstraße von LN zum Nachbardorf Ban Luang Khone, am kleinen Flughafen der Stadt vorbei. Am langsam zerfallenden, im Loose noch als Luxusschuppen eingestuften Boat Landing Guesthouse führt ein Schotterweg
durch einige Ta Dam Dörfer. Überall werden wir lachend und mit „Sabaidii“ begrüßt.
Es geht durch eine weite Reisfeldebene, von hohen Bergen eingesäumt, in der viele Gruppen von Frauen (!) bei der Ernte sind.
In einem kleinen Seitental wird uns der Tad Nam Di Wasserfall annonciert und der Weg dorthin ist aus grobem Schotter, der mit unseren simplen Rädern nur schwer zu befahren ist. Hinzu kommt die Mittagshitze, denn es inzwischen etwa 14 Uhr.
Im Lantendorf Ban Nam Di sind die Menschen nicht so freundlich. Sie hocken am Straßenrand, schauen uns fast mürrisch zu und denken sicher nicht positiv über uns. Am Tad Nam Di fällt zwar das Wasser, aber ein energiegeladenes Ereignis ist es nicht.
Wir kommen schon etwas müde in LN an und belohnen uns mit einem Früchteshake.
Oudomxai - 20.11.2015
Mit Laos sind wir nun in Indochina. Wenigstens einem Teil davon.
„Indochine“ - diesen sonderbaren Namen gaben die Franzosen den Ländern zwischen indischer und chinesischer Kultur und Zivilisation.
Ursprünglich verklärend und zu Träumen einladend: von tropischen Dschungeln und mythischen Flüssen, von fremden Kulturen, von Abenteuer, Romantik und Entdeckergeist.
Später auch untrennbar verbunden mit den Schrecken der Indochina-Kriege. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1954 waren Vietnam, Kambodscha und Laos durch die „Union Indochinoise“ miteinander verknüpft und geprägt von den kulturellen und architektonischen Einflüssen der Kolonialmacht Frankreich. Geblieben sind Kolonialvillen, Opernhäuser, das Spiel Petanque, Croissant, das Baguette und die Cafes.
Vielleicht auch ein bisschen das französische savoir vivre.
Eine Einheit sind diese drei Länder heute aber keinesfalls.
Während Laos und Vietnam quasi sozialistische Einheitsstaaten mit betonierten Führungscliquen sind, hat Kambodscha nach der Schreckensherrschaft der Roten Khmer eine konstitutionelle Monarchie (von der Sokra ein schreckliches Lied singen könnte) mit einem annähernd 35 Jahre regierenden Ministerpräsidenten, Hun Sen (von dem Sokra von Mordkommandos, von Verschleppungen und Ermordungen von Oppositionspolitikern auf offener Straße erzählen könnte), etabliert.
Gemeinsam ist ihnen die Tatsache, dass die Gemeinschaft Vorrang hat vor dem Einzelnen und seiner individuellen Entfaltung. Asiaten achten auf Hierarchie und Rituale. Man glaubt an Autoritäten und an das Schicksal. Und immer noch an gute und böse Geister.
Aber in den Ländern des Theravada-Buddhismus, Laos und Kambodscha, verlieren jene, die rücksichtslos nach Profit streben an gutem Karma - der Aussicht auf Erlösung. Anders als in den beiden an der indischen Kultur orientierten Ländern ist die vietnamesische Kultur von chinesischen Einflüssen und damit vom Businessgedanken geprägt.
Ein Sprichwort charakterisiert die Eigenschaften der Menschen dieser drei Länder ganz gut:
„Die Vietnamesen bauen den Reis an, die Kambodschaner schauen dabei zu und die Laoten legen das Ohr auf den Boden und hören den Reis wachsen.“
Eine Zeitreise in die Vergangenheit.
Kläusche ist aufgefallen, dass fast alle Laoten, ob groß oder klein, mit dem Moto fahren. Das stimmt.
Dann sichtet man auch allerhand Edelkarossen und neue Pickups. Zu allem gesichteten Überfluss kommen auch noch die neuen palastähnlichen Anwesen in Luang Namtha. Das stimmt ebenfalls.
Schlussfolgerung: Laos ist gar kein armes Land.
Tatsache ist aber: Laos gehört zu den ärmsten Ländern Asiens mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 1500 USD pro Jahr. Was also?
Berücksichtigt man, dass wenige Prozent der Bevölkerung weit über diesem Wert verdienen, kann man davon ausgehen, dass mehr als 80 % (so viele arbeiten in Landwirtschaft und Fischerei ) deutlich weniger als 100 USD im Monat haben.
Wir befinden uns mit Luang Namtha in einer touristischen Enklave, in der viel Geld fließt und zu verdienen ist. So mancher Guesthousebesitzer hat sich in wenigen Jahren eine goldene Nase verdient und wohnt inzwischen im Palast. Die Korruption ist groß, vor allem in staatlichen Ämtern. Und davon gibt es viele.
In diesem Teil von Laos wachsen die Kautschuk-Plantagen förmlich aus dem Boden, ausgebeutet meist von einer Lao-chinesischen Kooperation. Man kann also verdienen. Im Staudamm- und Holzgeschäft. Das stimmt auch.
Das wahre Laos liegt aber nicht in den Städten, wo der Tourismus und die Geschäfte blühn.
Mit viel Zeit sind wir heute also über das Land und durch die Dörfer gefahren,
haben beobachtet und symptomatisch im Verlaufe immer häufiger über die Erinnerungsfetzen unserer Kindheit erzählt. Die Zeit von damals, ähnelte zumindest in unserer Erinnerung etwas dem, was wir auf unserer Fahrt sehen durften. Man fühlte sich 60 Jahre zurück versetzt.
Wir fuhren durch namenlose Orte, Häuser aus Bambus und Holz, (wenig aus Stein, dann aber selbst und krumm gemauert) auf Stelzen, manche mit getrockneten Palmblättern bedeckt, die meisten
mit Holz, Stroh oder Blech, dazwischen Menschen und viele kleine Kinder (ein Drittel der laotischen Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt), Ziegen, Hühner, Kühe und seltsame Vögel, die wie Truthähne aussahen. Und selten Wasserbüffel im Morast der abgeernteten Felder.
Wir sahen die Ordnung im Elend der Höfe und manchmal auch das Chaos.
Wir sahen die Freude der Kinder im Fluss, der uns eine Kloake war.
Wir sahen die Mühen der Frauen und der wenigen Männer im Reisfeld bei der Ernte. In dieser Hitze.
Wir sahen den Pickup, der verdreckt mit Schlamm und Morast am Feldweg steht. (Er hatte mit Ketten an den Rädern die schweren Reissäcke aus den Feldern und dem Schlamm abtransportiert.)
Die flüchtige Begegnung des Tourismus mit dem Land gebirt andere Bilder.
Ja, Laos ist ein armes Land. Hungern und betteln aber muss keiner.
Luang Namtha ist ein netter Ort für junge Abenteurer, die sich tagsüber im Dschungel des Nam Tha NP oder den Minoritätendörfern herumtreiben, mit einigen guten und billigen Unterkünften und Restaurants und dem Nachtmarkt, auf dem alles verkauft wird, von in Bananenblättern
gegarten Snacks von Niegesehenem über Obst bis hin zu Produkten ethnischer Minderheiten wie Stickereien der Hmong, Korbflechtereien der Khmu, Seidenwebereien der Tai Dam und Schmuckarbeiten der Akha.
Daneben sieht man Eigentümlichkeiten wie gebratene Frösche, Ratten,
Maden, Kakerlaken und Eier, aus denen aus blinden Augen die halb geschlüpften Küken herauslugen, aber auch köstlich geröstete Ente, gegrillte Speckschwarten, in die sich Kläusche unverständlicherweise verliebt hat, frisch gebackene Reismehlfladen und scharfer Larb, Rindfleischsalat, das laotische Nationalgericht.
Lange Zeit waren es europäische Mächte, die der Region ihren Stempel aufzudrücken versuchten. Aber als die Kolonialepoche und die Stellvertreterkriege vorbei waren, stellte sich schon bald heraus, wie stark die alten Traditionen sind, wie nachhaltig - um ein Modewort zu gebrauchen -, auch die Bindungen an Familie, Dorf, an ihre Felder, ihre Religionen und Rituale, die auch Kommunismus und Diktatur bis heute trotzen und im Alltag weitaus tiefer wurzeln als jede Partei. Obwohl an mancher Hütte und manchem Palast neben der Nationalflagge einträchtig Hammer und Sichel flattert.
In diesem Zusammenhang ein Zitat aus Dalai Lamas neuester Schrift: “Das Buch der Menschlichkeit“
“...unbestreitbar in meinen Augen ist es, dass sich die Angehörigen von bestimmten, traditionell-ländlichen Gemeinschaften einer größeren inneren Ruhe und Harmonie erfreuen als jene Menschen, die in unseren modernen Städten leben. So ist es zum Beispiel im nordindischen Spiti-Gebiet nicht üblich, die Haustüre abzuschließen, wenn man ausgeht. Und von einem Besucher, der das Haus leer vorfindet. wird erwartet, dass er hineingeht, sich etwas zu essen nimmt und dort bleibt, bis die Familie wieder zurück ist.“ - „Für mich steckt in unserer Überbetonung des Strebens nach materiellem Besitz die stillschweigende Annahme, dass die Dinge, die wir kaufen können, uns all die Zufriedenheit verschaffen, die wir benötigen.“ - „Spiritualität verbindet sich für mich mit jenen Aspekten einer menschlichen Geisteshaltung - wie etwa Liebe und Mitgefühl, Geduld, Toleranz, Vergebung, Zufriedenheit, Verantwortungsgefühl -, die einen selbst und andere glücklich machen..“ - „Mein Aufruf zu einer geistigen Revolution...ist der Aufruf, sich der großen Gemeinschaft aller zuzuwenden, mit der ein jeder von uns verknüpft ist, sowie einer Lebensweise, die neben den eigenen auch die Interessen anderer berücksichtigt.“
Schon mal von der laotischen Schüttelmassage gehört?
Solltest du mal in Laos unterwegs sein, könnten wir nach dem heutigen Erlebnis unbedingt die Fahrt mit dem Lokalbus (vermutlich aus einer Zeit, als normale Busse wahrscheinlich noch gar nicht erfunden waren) von Luang Namtha nach Muang Sing an der chinesischen Grenze empfehlen. Zu all den landschaftlichen Reizen dieser Strecke bekommt man im Tourangebot diese eigenwillige Prozedur kostenlos noch obendrauf.
Am nördlichen Busbahnhof von Luang Namtha eroberten wir im beinahe schon mit kleinwüchsigen Bergvolkfrauen und einigen hageren Männern, die ziemlich dünn herumsaßen, vollbesetzten Kleinbus die beiden letzten freien Plätze.
Um 8 Uhr setzte sich der Bus Richtung Norden in Bewegung.
Schon nach wenigen Kilometern begann die Straße der eine Million Kurven. Wir hoppelten im Bus auf unseren schiefen und wackligen Sitzen.
Der Straßenbelag wechselte von Asphalt auf Schotter, gefurchter Lehmweg dann, wieder Asphalt, jetzt aber mit badewannengroßen Löchern, um die unser Fahrer elegant herumkurvte. Muss man sagen.
Viele staubbedeckten Dörfer direkt entlang der Straße mit einfachen Holzhütten,
strohgedeckt, geflochtene Bambuswände, auf Stelzen. Unter jedem Haus suhlt sich gewöhnlich eine Hängebauchschweinfamilie im Morast. Oder Enten, Hühner, Getier.
Familien mit vielen Kindern um die Häuser, es wimmelt, die Babys auf den Rücken der Mütter gebunden, sie baumeln in ihrem Tuch wie leblos. Die anderen Kinder meist nackt, spielend in großen Gruppen, jauchzend.
Eine Kurve nach der anderen. Neue Aus- und Einblicke. Die Täler noch etwas im Wattedunst, die Gipfel schon in der Sonne.
Irgendwo unterwegs steigt noch eine Bauersfrau mit großem Sack zu.
Der Bus ist vollbesetzt, bis auf den letzten Platz, das Dach mit Säcken, Kartons und Körben restlos voll - und doch, in Laos findet man immer einen Weg. Die Frau zwängt sich samt Sack hinter uns in die Reihe. Weiter.
In jeder Kurve jauchzen die imaginären Stoßdämpfer auf und in regelmäßigen Abständen stöhnt das Getriebe wenig lustvoll vor sich hin. Dennoch: Zwei Stunden später entsteigen wir am Busbahnhof erleichtert dem Gefährt.
Mit dieser Fahrt hat sich Kläusche den Ritterschlag eines Reisenden in Laos verdient, da er die Tortour im viel zu engen Bus ohne Murren und Wehklagen über sich ergehen ließ.
Muang Sing ist ein staubiger und unsortierter Marktflecken. Das Städtchen ist ein wichtiges kulturelles Zentrum der Akha, Lue und anderer „hilltribes“ in Nordlaos.
Viele Stammesgruppen leben in den Dörfern im Umland der Ebene, in die sich die mindestens 700 m hoch liegende Stadt schmiegt.
Noch vor etwa 10 Jahren pflanzte die Hälfte der Akha-Dörfer Schlafmohn an, um Opium herzustellen für den Export, für den Eigengebrauch und zur Freude vieler Reisender. Laos galt damals neben Myanmar als das am meisten Opium produzierendes Land der Welt.
Die Regierung reagierte damals mit verschärften Kontrollen und Gesetzen und nach einem Bericht der Vereinten Nationen soll der Anbau von Opium im ganzen Gebiet des „Goldenen Dreiecks“ bis 2008 um 85 % zurück gegangen sein.
An den vielen chinesischen Allerlei-Krimskram-Geschäften vorbei, betrieben von eingewanderten Yunnanchinesen, spazieren wir ins Zentrum zu den Häusern im Lue-Stil.
Muang Sing wurde 1887 als Hauptstadt des Lue-Fürstentum Xieng Kheng gegründet. Das Muang Sing Tribal Museum, das einen interessanten Film: „Culture in Change. Akha People of Northern Laos“ zeigen sollte, war leider aus unerfindlichen Gründen geschlossen.
Zwar einen ebenso verlassenen Eindruck machte auch das bedeutendste Kloster der Stadt, das Vat Luang mit seinem gestaffelten Dach. Aber hier stand wenigstens eine hintere Tür offen, so dass wir das Innere in aller Ruhe begutachten konnten.
Auch die von der Holzdecke herunterhängenden langen Textilbänder. Sie fungieren in der buddhistischen Tradition der Lue als Himmelsleitern für die Geister der Verstorbenen.
Die Fahrt hierher hat sich trotz aller Mühen gelohnt, denn heute sahen wir auf keinen Fall das reichere, sondern das alltägliche Laos. Und wir waren den Menschen sehr nahe. Zumindest im Bus.
Nach einer dreistündigen Fahrt durch wilde Berglandschaft, wieder mit unendlich vielen Kurven
und unübersehbar vielen Kautschuk- und Bananenplantagen, statt Wald, sind wir heute in der Provinzhauptstadt Oudomxai gelandet.
Chinesische Geschäftsleute haben im Norden zuerst die Wälder abgeholzt und nach China verfrachtet. Danach die Brache mit Latexbäumen aufgeforstet, erste Gummifabriken erschlossen und der Latexhandelsweg über Yünnan ins Riesenreich konnte eröffnet werden. Seither entstehen hier im Norden pompöse Prachtvillen mit fünfmeterhohen Säulen neben einem überdimensionierten Portal.
Ähnlich wie Luang Namtha wird Oudomxai von vielen chinesischen Geschäftsleuten dominiert.
Von der Provinz Yunnan aus kommen immer mehr Chinesen mit einer Geschäftsidee hierher, kaufen Land oder Häuser für einen Spottpreis. Die laotischen Bauern, die noch nie so viel Geld gesehen haben, nehmen derartige Angebote allzu oft an und verkaufen weit unter Wert. Davon schaffen sie sich einen japanischen Pickup an, der hohe Kosten verursacht und nach 10 Jahren fast nichts mehr wert ist, während der Wert des verkauften Landes langsam steigt.
Die Menschen hier sprechen so gut wie nicht englisch, die Kommunikation mit Händen und Füßen hat nun Vorrang.
Das Gh "Villa Keoseumsack" ist ok, aber im ganzen Ort sind keine Fahrräder aufzutreiben.
Ein Ausflug in die schöne Umgebung fällt also aus und wir fahren morgen früh wahrscheinlich weiter nach Nordosten, nach Muang Khua, nicht weit von der vietnamesischen Grenze. Von dort dann eine Bootsfahrt auf dem Nam Ou. Mal sehen.
Am Abend waren wir im kleinen Restaurant von Souphailin (kannst du dich erinnern, Edith?)
Ihre kleine Tochter aber ist ein kleiner Teufel und bringt die Mama zur Weißglut. Vor allem, wenn sie Gäste hat.
Heute waren mit uns noch 3 französische Pärchen und sie hat sich etwas stressen lassen. Ein Paar und wir haben unsere Essen schon vorbestellt (zwei mal Fisch im Bananenblatt gegart und ebenso Hähnchenfleisch) und beim Servieren hat sie die Bananenblattessen total vertauscht und es hat gedauert, bis jeder unter Lachen sein Essen hatte. Ein Schub für die deutsch-französische Freundschaft.
Nong Khiao - 22.11.2015
Dieses Schild ist ganz allein für Bernd, damit er seine Englischkenntnisse auffrischen kann.
Der staubige Marktflecken Muang Khoua in der Provinz Phongsaly liegt sehr idyllisch zwischen Nam Phak, der hier in den Nam Ou mündet.
Um die Mittagszeit sind wir angekommen und morgen früh fahren wir im Flussboot den Nam Ou hinunter. Hoffentlich. Denn das ist nur möglich, wenn genügend Reisende zusammen kommen. Durch seine Lage hätte der Ort es verdient, noch einen Tag einzulegen. Aber weder ist Trekking eine Option, noch kommen längere Spaziergänge in Frage.
Am Nachmittag überquerten wir auf einer Hängebrücke den Nam Phak
und sahen die nach der Regenzeit hübsch an den Hängen angelegten Gärten und die von China gebaute Betonbrücke. Sie verkürzt die Fahrtzeit von Laos nach Dien Bien Phu (Vietnam) erheblich. Früher konnte man den Fluss in einer Furt nur in der Trockenzeit bei Niedrigwasser durchfahren.
Auf der anderen Seite des Nam Phak kommt man ins Khmu-Dorf Ban Natoun, dessen Bewohner gerade dem Hang neue Straßen und Plätze für Häuser abringen.
Die meisten Einwohner von Muang Khoua sind Lao Loum, so werden die Bewohner des Tieflands, der Täler und Ebenen von der Regierung bezeichnet.
Am Abend haben wir einen Lao Lao für 1,50 Euro bestellt. Wir dachten eigentlich an 2 Schnapsgläser, erhielten aber 2 Schnapsgläser (leer) und eine 0,25 l Flasche (voll) Lao Lao Schnaps. Im ersten Moment waren wir sicher, dass wir uns nur ein Schlückchen von dem Hochprozentigen genehmigen wollten. Mit der Zeit aber gewöhnten wir uns an den Geschmack. Das Ende vom Lied war: Die Flasche war leer und wir voll.
Unklar, wie wir ins Bett gefunden hatten.
Heute die große Fahrt auf dem Nam Ou. Etwa 30 Touristen warteten am Morgen vor den beiden Flussbooten und wurden irgendwann darauf verteilt.
Noch war der Himmel bedeckt, nur hier und da zwischen den Wolken war Blau zu erkennen. Wir wollten den Fluss hinunter Richtung Nong Khiao fahren. Eigentlich hätten wir auch etwas später mit einem Bus auf den Staubstraßen dorthin gelangen können, aber die alte Weisheit, dass man ein Land auf einer Flussreise ganz anders wahrnimmt als während einer Fahrt über Land, stimmt noch immer.
Ein laotisches Flussboot darf man sich keinesfalls als edles Kreuzfahrtschiff mit allen Schikanen vorstellen.
Selbstverständlich sind alle Teile des Schiffes irgendwie, man möchte fast sagen, provisorisch zusammengebastelt und -genagelt. Ein typisches Gefährt der Flussschiffahrt hier, ein aus groben Planken gefertigter offener Kahn mit einem flachen Holz- und Blechdach, über dem eine zerfetzte laotische Fahne flattert. Manchmal auch die rote Fahne mit Hammer und Sichel.
Im Boot herrscht allerdings entgegen aller Versprechungen der letzteren Fahne Klassengesellschaft. Sechs ausrangierte Bussitze, auf den Boden montiert, bieten kolossalen Komfort. Die restlichen 8 Personen (inklusive Klaus & Klaus) hocken wie die Zwerge in der Holzklasse, das heißt: ein schmales Längsbrett zu beiden Seiten, etwa 5 cm über dem Boden montiert, dient uns als Sitzfläche. Wir überlassen es eurer ausgereiften Phantasie, euch die Hockstellung und die Qualen über 4 1/2 Stunden auszumalen.
Geheimnisvolle Geschichten steigen aus dem Fluss. Geschichten von Nagas beispielsweise. Jedes Kind in Laos kennt sie. Nagas sind mythische Wesen der Wasser, haben Schlangenleiber. Nagas bevölkern die Tiefen der Seen und Flüsse. Sie werden als Schutzgeister verehrt, deren Dienste ebenso einfachen Fischern und Bauern zuteil werden können.
Eine den Menschen wohlgesonnene Schlange beschirmte auch den meditierenden Buddha vor den Stürmen. An zahlreichen buddhistischen Tempeln winden sich daher zu beiden Seiten der Aufgangstreppen mächtige Schlangenkörper wie ein Geländer. Eng ist die Beziehung der Wassergeister zu den Menschen. Und sich mit den Nagas gut zu stellen ist ein altes Bedürfnis der Völker am Mekong und seinen Nebenflüssen wie dem Nam Ou. Daher zündet fast jeder (unserer nicht; war aber kein schlechtes Omen) Bootsführer vor der Fahrt am Boot eine Kerze auf einem Blumengebinde an und schippert mit ungutem Gefühl durch die Stromschnellen, wenn er dies aus moderner Eile vergessen hat.
Der Nam Ou schlängelt sich durch eine zauberhafte Landschaft.
Erst breiter Fluss, dann Stromschnellen, anthrazit glänzende schroffe Felsen, die aus dem bewegten Wasser ragen.
Das Boot fährt wie durch Abraumhalden eines Industriegebiets. Wie Drachenzähne lugen die Felsen aus dem Wasser, lauernd, bereit zuzuschnappen, wenn der Bootsführer seinen Kurs verfehlt.
Dann ein scharfer Bogen. Boote und Netze am Ufer aufgehängt. Ein Stopp. Eine hübsche Laotin mit ebensolchem Kind und großen Säcken steigt zu und sitzt die ganze Fahrt schweigend hinter dem Fahrer. Auch das Kind, ohne zu nörgeln, zu quängeln.
Danach wieder grüne, hügelige Ufer, gelegentlich Beete am Fluss, terrassiert, umgestürzte Bäume von den Monsunfluten, Sandbänke,
Wasserbüffel darauf oder im Wasser, selten Dörfer mit schrägen Hütten am Hang, einsame Fischer auf schmalen Booten und grünbraune Fluten, mal träge und breit, aber dann wieder schnell und gefährlich.
Vereinzelte Menschen an den Uferhängen, die wie verloren scheinen, obwohl gerade sie hier verwurzelt sind.
Vor Nong Kiao ragen nach jeder Kurve mehr dichtbewachsene Felsen steil in den Himmel und wir fahren jetzt mehr als eine Stunde durch eine faszinierende Karstlandschaft. Das Geknipse auf dem Boot nimmt keine Ende.
In dieser Idylle erwischen wir leider das erste schlechte Gh der Reise. Aber dafür schöne Ausblicke.
Luang Prabang - 25.11.2015
Leider findet das bezaubernde Lichterfest "Loy Kratong" nicht wie in Thailand heute am Vollmondtag statt. Ein ähnliches Fest zum Ende der Regenzeit war hier am Vollmond im Oktober. Schade!
„Am 25. Juli erreichte ich Luang Prabang, eine entzückende Stadt, nicht größer als eine Quadratmeile und mit nicht mehr als 7000 Einwohnern. Die Lage des Ortes ist außergewöhnlich schön. Berge (...) säumen den Mekong und formen eine Art rundes Tal oder Amphitheater. (...) Ein lieblicher Anblick, der mich an die Seenlandschaften von Como und Genf erinnert. Wäre da nicht die unaufhörlich sengende tropische Sonne (...) wäre der Ort ein Paradies."
Mit diesen Worten schwärmte Henri Mouhot 1861 von Luang Prabang. Als erster westlicher Reisender war er auf seiner Expedition durch Indochina auf dem Rücken eines Elefanten bis hierher vorgedrungen. Er war es auch, der die Tempelruinen von Angkor Wat in den europäischen Salons bekannt machte. Als Reisender seiner Zeit starb er mit 34 Jahren außerhalb von Luang Prabang an Malaria. Und man kann heute seinen weißen Grabstein am Ufer des Nam Khan besuchen, was wir demnächst machen werden.
Wenn wir gestern bei der Gh-Wahl Pech hatten, wurde dies heute mehr als ausgeglichen.
Wir hatten im Internet die „Villa Oudomlith“, hinter dem schönsten Wat der Stadt gelegen in einer Seitenstraße der Sakkarine Road, reserviert. Vom Tuk Tuk in der Nähe abgeladen, haben wir uns durchgefragt. Niemand kannte die Villa. Ein Thai in einem Lokal nahm die Sache eisern und voller Elan in die Hand. Man konnte sicher sein, er wollte helfen. Durch seine Energie, die er dieser Suche verlieh, kümmerten sich um unser Problem mit der Zeit 6-7 Laoten, die eifrig aufeinander einredeten. Aber keiner hatte in Wirklichkeit eine Ahnung. Da unser väterlicher Helfer großes Vertrauen in seine Retterqualitäten hatte, konnten wir unsere Suche nun nicht mehr auf eigene Faust fortsetzen, sondern standen etwas ratlos bei unseren Koffern und lauschten dem allgemeinen Chaos. Irgendwann versiegte bei unserem Thai die Zuversicht (bei uns war sie schon lange dahin) und er ließ sich von uns überzeugen, dass die Villa in der Nähe sein müsste und wir einfach weitersuchen wollten. Mehrere Nachfragen folgten, aber niemand kannte die Oudomlith Villa. Wir zogen durch die Gassen an vielen wunderschönen Gästehäusern vorbei, die Hitze des Nachmittags trieb uns den Schweiß auf die Stirn. Schon waren wir etwas hoffnungslos und müde von der Suche, als wir eine Frau nach der Villa fragten. Zehn Meter weiter meldete sich ein junger Mann und deutete auf ein Schild. Dort stand in dunkles Holz gemeißelt tatsächlich „Villa Oudomlith“.
Es stellte sich heraus, er ist Vietnamese, der Besitzer und hatte sein Gh vor 6 Tagen eröffnet.
Nach der Besichtigung war uns klar, wir sind Glückspilze und haben den großen Preis gewonnen.
Das Zimmer geräumig und nett möbliert, gute Betten, dunkle Holzmöbel, Aircon und Fan, TV, Kühlschrank und Safe, ein modernes Bad mit Duschkabine und schöner Badkeramik, Wifi und absolut großzügiges Frühstück für sage und schreibe 17 Euro. Wir waren baff und entzückt.
Die königliche Stadt Luang Prabang, die lange Zeit Hauptstadt dea laotischen Reiches war und heute noch religiöses Zentrum, besteht wie befürchtet fast nur noch aus Hotels und Gästehäusern, Restaurants und natürlich Wats.
Der erste Eindruck: es halten sich nur noch Touristen, kaum noch Einheimische auf den Straßen auf.
Ein Bummel durch die Seitengassen am Mekong und unsere erste kleine Erkundungstour mit dem Rad bringt aber Entspannung. In den Höfen der vielen Wats nämlich hat sich die Ruhe erhalten, der Zauber des Städtchens ist spürbar geblieben. Und dann haben wir sehr stimmungsvoll zu Abend gegessen in einem Terrassenrestaurant am Mekong,
den warmen Sonnenuntergang über dem traumhaften Fluss als Kulisse: ein Mangolassi muss immer sein, Luang Prabang Salat, gebratener Mekongfisch mit super Soße und knackigem Gemüse,
Chicken mit Aubergine, Zwiebeln und Kräuter in einer abgerundeten Kokosnusssoße und ein Lao-Beer. Wir schwelgen.
Was macht den Reiz und den Zauber dieser Stadt aus?
Es ist sicher die Lage, eingebettet in eine Arena von Bergen, zwischen den Flüssen Mekong und Nam Khan, die die Halbinsel der Stadt romantisch umschließen. Aber auch die entspannte, französisch inspirierte Atmosphäre der Bars, Restaurants, Boutiquehotels und Cafes in den restaurierten Kolonialgebäuden mit weißen Mauern und dunklen Holzläden und Balkonen an der Sakkarine und Sisavangvong Road und die einfachen Restaurants auf der Uferpromenade hoch über dem Mekong und am Ufer des Nam Khan. Natürlich auch die schlichte, aber betörende Schönheit und Stille der vielen Tempel der Halbinsel und im ganzen Stadtgebiet, so wie der bunte Hmongmarkt unterhalb vom Berg Phou Si mit allerlei Kunsthandwerk, Schmuck und vielen wunderschönen Textilien und am Abend die verführerischen Düfte aus den Garküchen zwischen Nachtmarkt und Mekongufer.
Wir sind noch lange unterwegs und lassen uns von der Schönheit verzaubern.
Die Tour der Wats ist ein Muss in Luang Prabang. Begonnen haben wir am ehemaligen Königspalast, der heute von Touristen beinahe überquillt. Der eigens für die heiligste Buddhastatue in Laos, Phra Bang, erst 2003 erbaute Ho Phra Bang daneben glitzert in der Morgensonne.
Aber auch er glitzert uns zu viel, ist nicht unser Ort, da es von Reisegruppen nur so wimmelt. Also weiter in die Sakkarine Road.
Dort verbringen wir viel Zeit in den stillen und schlichten Wats,
aufgereiht wie an einer Perlenkette. Die vielen Duftblüten und exotischen Bäume in Einheit mit den weißen Mauern und den schwarzen oder roten Säulen mit Ornamenten und Tänzerinnen golden bedruckt beeindrucken den Betrachter. Dazwischen die roten Roben der jungen Novizen, die in Ruhe und ohne Eile ihren Verrichtungen nachgehen. Man hat einfach Zeit in Luang Prabang.
Nach einer kurzen Rast bei dem obligaten Fruchtshake geht es zum Nam Khan, dem kleinen Bruder des Mekong, mit einem Blick auf die neuen Gemüsegärten an den Uferhängen, die seit dem Ende der Regenzeit aus dem Wasser wachsen. Und auf die für westliche Augen so exotische wie sicherheitstechnisch unbrauchbare Bambusbrücke.
Dann der Höhepunkt.
Das älteste und zweifellos schönste Kloster der Stadt, das Wat Xieng Thong, was „Tempel der Stadt des Flammenbaums“ bedeutet.
Es wurde 1560 als königliches Kloster gegründet und repräsentiert wie kein anderes den klassischen Architekturstil von Luang Prabang.
Von keiner der Tempelanlagen geht ein vergleichbarer Zauber aus.
Wir stehen vor dem Sim, dessen rotgoldenes Staffeldach betörend aus dem Tropengrün und dem Meer der bunten Bougainvilleasträucher leuchtet. Viel Zeit fließt in diesem Tempel leicht an uns vorbei.
Es ist jetzt schön öfters vorgekommen, dass wir uns beim Fruchtshake- oder Biertrinken Geschichten und prägende Erlebnisse aus der Vergangenheit erzählten.
Aus den wilden Jahren und vieles aus der dunkelsten Kindheit.
Das ist unter anderem ein Merkmal des Alterns. Man schaut zurück, weil der Blick nach vorne eventuell abschreckt.
Aber oft habe ich schon bemerkt, dass die Kindheit von vielen Menschen verklärt wird. Vielleicht auch, weil sie am weitesten vom Tod entfernt ist und der Mensch grundsätzlich vergesslich ist.
Bei unseren „Enthüllungen“ aber schien nur wenig Falsches zu sein.
Wenn man im fortgeschrittenen, oder besser im davongeschrittenen Alter das eigene Leben so gegen das Licht hält, haben Illusionen und Versteckspiele sowieso keine Bedeutung mehr, glaube ich.
Man fragt sich bei der Schau in die Vergangenheit innerlich von Zeit zu Zeit ganz ohne Vorwürfe (und solche Gespräche können der Anlass sein), warum man nicht dies oder jenes getan oder gelassen hatte und weiß auch nicht, warum man manches abgelehnt, obwohl man es hätte wollen können.
Die Orientierung war nicht leicht in den angstvollen Kindheits- und Jugendtagen. Nachahmenswert war ja kaum etwas, was Eltern, Onkel oder Tanten, was Nachbarn so vorgelebt hatten und so stand man immer häufiger in großer Opposition, aus der später Rebellion wurde.
Egal aber, welches der möglichen Leben ich gelebt habe, finde ich heute im Rückblick gern, dass ich es wohl gelebt habe. Und ich beneide mich fast um die Naivität und Gelassenheit inmitten des heimlichen Verlorenseins unseres Menschseins.
Die Stadt hat trotz vieler Touristen ihre mythische Faszination und ihr Flair nicht verloren. Buddha sei gedankt!
Erst recht bei zwei Reisegenießern, die in einem der Restaurants am Hang des Mekong hocken, der Navigation der beiden Fähren von Pier zu Pier und dem Treiben auf dem Strom zuschauen und auf den Sonnenuntergang warten.
Wir wählten heute einen schönen Ort für diese schönste Stunde des Tages: das Vat Phutthabat Tai. Die Vietnamesen, die hier im Süden der Stadt eine kleine Gemeinde bilden, verehren im laotischen Kloster einen vietnamesischen mythischen König neben der mächtigen Naga-Schlange
und am Ufer des Mekong verbirgt sich unter einer Zementwölbung ein „Fußabdruck Buddhas“. Deshalb kommen die westlichen Besucher aber nicht an diesen romantischen Ort am Fuße eines alten Bodhibaumes, sondern um den Feuerball hinter den Bergen am Westufer des Mekong unerhört untergehen zu sehen.
Ein Schauspiel, dessen Regisseur vor dem letzten Vorhang normalerweise unglaubliche Lichtreflexe auf den Fluss zaubern lässt, in die sich wie zufällig ein Mekong-Holzboot malerisch hineinschiebt.
Heute schob sich leider eine Wolke zwischen uns und die große Sonne und wir erlebten nur einen Untergang zweiter Klasse. Wir werden aber wiederkommen.
An einem Sindatrestaurant am Mekongufer genossen wir am Abend das laotische Fondue. Ein Buffet mit verschiedenen Salaten und Kräutern, viel Fleisch, Fisch, Seafood, Garnelen, Pilze und Gemüse war am reichhaltigen Buffet aufgetischt. Eine Bedienung zündete den Sindat-Ofen an, demonstrierte, wie Fleisch und Gemüse zu grillen waren und wir begannen mit der „Arbeit“. Nebenan schuftete eine koreanische Familie, bei denen wir die Stäbchenhandhabung abluchsten und so auch ins Gespräch kamen. Fleischberg auf Fischberg wurde so vom rohen in einen essbaren Zustand befördert und mit scharfen und gehaltvollen Soßen noch verfeinert. Jedenfalls hatten wir jede Menge Spaß beim Zubereiten und zuletzt einen vollen Bauch.
Wir haben beschlossen, diesen inspirierenden Ort länger zu genießen, auch der heimeligen Villa Oudomlith wegen. Im Moment stellt mir Guan, der vietnamesische Besitzer des Gh unaufgefordert eine Tasse Kaffee auf das Tischchen der Terrasse. Der Service ist sehr aufmerksam, bemüht und unschlagbar. Auch strömt Guan großes Vertrauen aus. Zum Beispiel hat er uns ein Flugticket deutlich billiger als im Internet besorgt und das Geld vorgestreckt.
Am Sonntag früh werden wir mit einer Propellermaschine von Lao Airline nach Pakse fliegen.
Neben zwei wichtigen Lue-Tempeln, Wat Mai
und Wat Vixoun,
besuchten wir heute den Bergtempel Phou Si. Eigentlich wollten wir Vögel oben am Tempel freilassen, um mal wieder eine Portion Glück zu ordern.
Dabei steigert der Aufstieg über die 329 Stufen natürlich die Glückswahrscheinlichkeit. Am Fuße des Berges hatte das Glück aber eine erhebliche Preissteigerung erfahren, so dass wir auf alle Verheißungen verzichteten. Schweißgebadet am That Chomsi angekommen,
hörten wir als erstes Vogelgezwitscher. Und tatsächlich, jetzt war der Preis der Glücksbringer um die Hälfte gesunken - und wir mussten sie nicht mal tragen.
Also ließen wir jeder 2 kleine Piepmätze frei.
Was für ein Anblick, als sie um die Wette in die Freiheit der Lüfte davonflatterten.
Bisher hat sich das Glück noch nicht zu erkennen gegeben oder es war ganz einfach da, ohne bemerkt zu werden.
Hier oben kann man verstehen, warum Henri Mouhot damals so angetan war von der Schönheit der Umgebung. Auch ein guter Ort für den Sonnenuntergang.
Das Gedränge und Geschupse der vielen Schaulustige raubt allerdings Nerven und Genuss.
Luang Prabang - 28.11.2015
Der Tag beginnt mit einer Überraschung. Nach dem Aufstehen stellen wir fest: Es regnet.
Der Himmel ist gleichmäßig grau bedeckt und das lässt nicht auf einen kurzen Schauer schließen. Unser geplanter Radausflug auf die westliche Mekongseite fällt damit aus.
Wir gehen daher zuerst in die Villa Xieng Mouane, einem Stelzenhaus der Khmu, in der eine Ausstellung und ein gut gemachter Film über laotische Landeskunde und die wichtigsten Ethnien der Umgebung zu sehen ist: Khmu, Hmong, Thai Liu, Akha usw. Die Villa ist ein Musterbeispiel eines laotischen Stelzenhauses und inzwischen UNESCO Weltkulturerbe, wie vieles in dieser Stadt.
Und weil wir schon dabei waren, fuhren wir ohne Regen noch in das Traditional Arts and Ethnic Centre mit einer kleinen aber feinen Ausstellung über Trachten, Lebensweisen der Hill Tribes von Laos. Ein Film über Frauenarbeit, Schamanismus, Kunsthandwerke usw schloss sich an.
Die Menschen hier sind irgendwie ausgeglichen und nachgewiesenermaßen ausgesprochen großherzig, wie der World Giving Index zeigt.
Eine der größten internationalen Studien, die die karitativen Gewohnheiten der Menschen in der Welt durchleuchten.
2010 wurden dabei Bewohner von 153 Ländern auf ihre Hilfsbereitschaft untersucht(wobei ich die Kriterien der Untersuchung nicht nachvollziehen konnte), mit dem Ergebnis, dass gute Taten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zufriedenheit der Menschen stehen.
Während in Australien am meisten gespendet und ehrenamtlich gearbeitet wird, helfen Liberianer, Amerikaner und Kanadier besonders häufig fremden Menschen. In Südostasien ist die Hilfsbereitschaft dem Bericht zufolge überraschenderweise sehr gering ausgeprägt - einzige Ausnahme: Laos, das in allen Kategorien positiv heraussticht. Die Frage ist nun: macht Geben glücklich oder sind glückliche Menschen eher zum Geben geneigt?
Fakt ist, dass Laos an elfter Stelle der mildtätigen Nationen der Welt steht und dabei nicht nur die Nachbarn Thailand, Kambodscha, Vietnam, Myanmar und China teils weit hinter sich lässt, sondern auch Frankreich, Schweden, Deutschland und viele andere.
Diese Mildtätigkeit kann man beobachten, nicht in großen Taten, sondern immer in kleinen Gesten. Von diesem Land gehtso eine unglaubliche Ruhe aus, die angesichts der wechselhaften Geschichte und der jahrzehntelangen inneren Spannungen erstaunlich ist.
Dennoch, auf den ersten Blick kann man manchmal den Eindruck haben, die Laoten seien unnahbar, abweisend und überhaupt nicht hilfsbereit.
Wenn man beispielsweise einen Laoten auf der Straße nach einer Straße oder einem bestimmten Haus fragt, erntet man meist nur Achselzucken und verständnisloses Grinsen. Dann wendet sich der Laote ab und du stehst da.
Dazu muss man wissen, dass immerhin ein Drittel der Laoten nicht lesen und schreiben können. Und in den Dörfern der Provinzen ist der Analphabetisierungsgrad natürlich höher. Englisch sprechen nur ganz wenige in den Städten.
An einem Abend irgendwann im Restaurant saßen wir lange, sehr lange, ohne beachtet zu werden. Keine Chance, die Bestellung aufzugeben – lange Zeit.
Man kann nun rätseln, ob es an einer Art der Fremdenfeindlichkeit liegen könnte (was für die Laoten einfach undenkbar ist) oder nur an der Sprachlosigkeit und der Angst, möglicherweise angesprochen zu werden – auf englisch.
In diesem Falle reagieren die Menschen hier meist mit einer Art Schockzustand. Sie stehen still wie ein Tier, das eigentlich flüchten will, aber gelähmt auf der Stelle verharren muss. Und viele verstehen nicht die einfachste Zeichensprache. So muss die Suche nach etwas oft ergebnislos abgebrochen werden. Das ist natürlich unangenehm, für dich. Aber auch für den armen Nichtversteher.
Auf die Dauer ein bedauernswerter Zustand. Schon.
Aber ein englisch sprechender Laote, auch wenn er nur wenige Brocken beherrscht, wird dir sofort helfen, wenn er deine Hilflosigkeit sieht.
In einer einfachen Suppenküche eines ärmeren Viertels schlürfen wir eine Nudelsuppe für wenig Geld. Die Tischchen und Bänke sind zwar klein und selbstgezimmert, aber die Suppe der Mama sehr schmackhaft.
Am späten Nachmittag nehmen wir eine laotische Massage. Die Masseuse und der Masseur waren beide sehr jung (in Laos sind 34 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt und wenn du die Bedienung im Restaurant oder Büro oder sonstwo für Mitte zwanzig einschätzt, dann ist sie meist 10 Jahre älter) und zart ohne harte Hände. Das Ergebnis ist eher eine Muskelschmeichelei als eine Massage. Sokra, mit dem ich am Abend geskypt habe, meinte dazu, das nächste Mal sollten wir ein „elefantgirl“ ordern.
Schon um vier Uhr morgens erwacht das Leben in den naheliegenden Wats. Der Tag beginnt immer mit „rise and shine“, mit stiller Meditation und Einkehr. Und dem neuen Optimismus.
Uns fällt das Aufstehen schon etwas schwerer. Vor allem, weil es am Morgen wieder regnet. Um halb sechs Uhr stehen wir an der Straße. Nicht allein. Viele Frauen haben schon Reis gekocht und hocken bereit für die Mönchsgabe.
Etwas später verlassen hunderte von Mönchen im Morgengrauen die Klöster. Sie sind in orangefarbene Tücher gekleidet, tragen heute Regenschirm statt Sonnenschirm und wie immer hölzerne Bettelschalen.
In der Sakkarine Rd. werden sie von den gläubigen Frauen erwartet, die ihnen knieend eine Hand voll Klebreis oder Gemüse oder sonst etwas Essbares in die Schale legen. Nicht die Mönche bedanken sich, sondern die Frauen mit niedergeschlagenem Blick verbeugen sich tief zum Dank, dass ihre Gabe angenommen wurde und sie dadurch ihr Karma verbessern konnten.
Ein Bild, das sich seit Jahrhunderten wiederholt. Gerade in Luang Prabang.
Aber in Luang Prabang bevölkern beim “dag bat” , dem morgendlichen Almosengang der Mönche, inzwischen ebensoviele Touristen in der Morgendämmerung die Straßen, bewaffnet mit Kameras und langen Rohren. Die Sakkarine Road oder andere verwandeln sich in einen Laufsteg. Ehrwürdig schreiten die Mönche barfuß in langer Reihe und rangelnde Touristen tauchen sie in ein Blitzlichtgewitter. Manchmal aus einem Meter Abstand.
“Monks and monkeys are not different”, stellte ein hochstehender Abt fest – beide lösten sie einen Fotografierreflex aus.
Dahinter verbergen sich zweierlei Probleme. Ein moralisches - viele Touristen, ob Chinesen oder Westler, kennen keinen Respekt und glauben, durch ihren Status das Recht zu haben, auf alles und jedes ihre Objektive zu halten, auch aus unmittelbarer Nähe - und ein ökonomisches. Denn dadurch, dass die Stadt immer mehr Touristen aufnimmt, die Preise steigen und das Leben immer teurer wird, verkaufen die Einwohner – und Gläubigen – ihre Häuser an potente Investoren, die viel Geld bieten und ziehen in billigere Gegenden, die es im Umland zweifellos gibt. Diese Tendenz führt natürlich dazu, dass es immer weniger Almosenspender in der kulturellen und spirituellen Hauptstadt des Landes geben wird.
Ein Trauma für die religiöse Führerschaft der Stadt!
Da der Regen schon vor dem Frühstück aufgehört hatte, wollten wir heute die Tour am Westufer nachholen, wozu wir uns 2 Mountainbikes zulegten.
Zum Töpferdorf Ban Chan muss man sich von der Fähre ans andere Ufer des Mekong übersetzen lassen.
Allein diese Aktion ist schon ein Erlebnis. Noch auf der Fähre sahen wir aber, dass die steile Lehmstraße hinauf zum Markt von Ban Xieng Mene total verschlammt war. Ein altertümliches Fahrzeug mit Säcken auf der Ladefläche kämpfte im tiefen Morast.
Also fuhren wir wieder zurück, um eine Rundtour Richtung Osten auf fester Straße zu machen und das Grab von Henri Mouhot, dem Naturforscher und Entdecker von Angkor endlich zu finden. Vor drei Jahren war diese Straße hinter dem Weberdorf Ban Phanom gerade im Bau und wir konnten das Grab nicht finden, da die Bauarbeiter Schilder und diesen „Krempel“ entsorgt hatten.
Dieses Mal hatten wir Glück. Ein weißes Schildchen, windschief an einen Baum genagelt, führte uns einen Weg hinab an den Nam Khan.
Über lehmige Treppen und Pfade entdecken wir nach 200 Metern den weißen Sarkophag in einer feuchten Lichtung.
Der Wind bewegt die Blätter der Bäume, in denen Vögel ein beachtliches Konzert geben, nicht weit rauscht der Nam Khan wild über einige Stromschnellen.
Diese Geräusche muss er damals auch gehört haben in der Nacht, als er starb.
Man kann sich kaum vorstellen, wie er durch dieses Südostasien gereist ist. Vielleicht auf dem Rücken eines Elefanten durch den Dschungel oder mit dem Einbaum die Flüsse hinauf, vielleicht musste er Tiger und andere wilde Tiere erschiessen, dinnierte eventuell mit Königen, um Durchreisepapiere zu bekommen und feilschte wohl mit unzähligen korrupten Zollbeamten. Vielleicht trank er wie die Laoten das Wasser aus den Flüssen, glaubte sich durch das Abkochen des Tees vor der Malaria schützen zu können und sah die Wolken von Mosquitos nicht als gefährlich an.
Und er starb an Malaria in diesem Wald.
Im November 1861, mit 35 Jahren.
Sein letzter Tagebucheintrag: „O Gott, hab Erbarmen.“
Aber eines ist heute sicher: Er kannte nicht das Gefühl, an irgendeinem Ort anzukommen und fetszustellen, dass alles so ist, wie im "Loose" beschrieben.
Er war sozusagen der erste europäische "Loose", der in den Jahren nach seinem Tod und der Veröffentlichung seiner Reiseberichte in den vornehmen Salons von Paris diskutiert wurde. Und der die Neugier für dieses fremde Gebiet dort hinter Indien weckte und die Reiselust weiterer Entdecker wie Garnier, Lagree und Pavie.
Und trotz des frühen Todes - irgendwie beneiden ich ihn, den heimlichen Vorreiter des südostasiatischen Pauschaltourismus.
Armer Henri, was hast du bloß angerichtet!?
Wir fahren weiter, am Elefantendorf Ban Xieng Lom vorbei und einige Kilometer danach steigt die Straße lästig 3-4 km bergan, was uns fast den Atem kostet- in der Mittagshitze.
Die Entschädigung folgt auf dem Fuß.
Oben am Hügel angekommen, geht es nämlich 8 km bis Luang Prabang bergab.
Was für eine Genugtuung! Welcher Genuss!
Der Staub und die Hitze machen eine Dusche dringend erforderlich.
Unsere guten Mountainbikes brachten uns heute nördlich des Nam Khan in einige Dörfer, in denen Seidenprodukte hergestellt und hübsches Papier aus der Rinde des Maulbeerbaumes geschöpft wird.
Außerdem haben sich einige Villen neben den kümmerlichen Höfen und Stelzenhäusern in den Dörfern protzig breitgemacht. Vermutlich gekauft aus den Erlösen des profitablen Hausverkaufs in Luang Prabang.
An einer Brücke wurde köstlicher Seetang (Khaipen) mit Knoblauch und Kräutern getrocknet. Wäre bei uns sicher ein Verkaufsschlager als Snack zum Bier.
Die Ruhe in den Dörfern ist bestechend, die Leute grüßen freundlich, die Kinder flippen aus. Wir fahren weiter nördlich durch viele Dörfer, immer am Mekong entlang.
Zum Lunch zurück in die Stadt. Phänomenal der Speed, der mit dem Mountainbike möglich ist.
Nach Nudeln mit Gemüse und chicken, einem Mango Shake und einem Crepe mit Banane und Mango fahren wir ein zweites Mal ans Pier, setzen mit der Fähre ans Westufer über
und landen nach dem steilen Uferanstieg im ärmlichen Dorf Ban Xieng Mene.
Dieses Mal kein Problem mit der Lehmstraße. Heute ist übrigens wieder bestes Wetter mit blauem, wolkenlosem Himmel.
Zum Vat Chom Phet, der malerisch auf einer Anhöhe liegt und von Luang Prabang aus gut zu sehen ist, führt eine lange Treppe hinauf,
die mein Knie, wie sich später herausstellen wird, ziemlich lädieren wird. Die Aussicht und die Stille von hier oben sind aber traumhaft. Vor dir liegt die alte Königstadt mit den hohen Bergen und dem Mekong, der träge fließt.
Wie ein Gemälde!
Pakse - 02.12.2015
Komfortabel und schnell sind wir vom Norden im Süden mit einer Propellermaschine von Lao Airlines gelandet, in der Provinz Champasak.
Innerhalb von 2 Jahren hat dort die Hauptstraße im Zentrum ihren Aufbruch in die Moderne begonnen. Aber nur sie. Der Rest dämmert noch immer vor sich hin. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie hoch das BIP im Lande ist. War die Hauptstraße vorher wie alle anderen noch fast unbefestigt und Hund und Hühner liefen meist im ungünstigsten Augenblick darüber, so hat sie heute eine neue Asphaltdecke, neuen Bordstein und einen pompösen Mittelstreifen mit silbrig metallenem Geländer. Sehr nobel, muss man sagen. Beinahe weltstädtisch, alle Achtung.
Unser vietnamesisches Guesthouse Phi Dao ist in Ordnung, vor allem zentral gelegen und mit gutem Restaurant - und Wifi.
Die Stadt ist mit etwa 100 000 Einwohnern die Provinzhauptstadt der Provinz Champasak. Sie liegt am Zusammenfluss des Xe Don und des Mekong und auch hier leben neben den Lao viele Chinesen und Vietnamesen, die auch die Restaurantszene neben Indern prägen, und viele ältere Leute sprechen noch französisch.
Bei Tag besehen fließt nun ein ganz und gar unromantischer Fluss breit und behäbig durch eine flache und unaufgeräumte, um nicht zu sagen vermüllte Landschaft. Am Ufer lagert zwischen den Garküchen Bauschutt und stinkender Müll. Nicht einmal ein kleiner Gedanke an Idylle drängt sich auf. Dennoch, die Stadt stellt sich uns nicht in den Weg, sondern macht uns Appetit auf die vielen machbaren Ausflüge in die Region.
Erstmals haben wir auf dieser Reise im Jasmin Restaurant gegenüber indisch gegessen. Mangolassi mit indischem Joghurt (mhh), Knoblauch Naanbrot, Dhal und Mutton Korma. Ein wirklicher Schmaus.
In ziemlicher Hitze auf einfachen Rädern durch die Stadt. Sehenswürdigkeiten bietet sie nur wenige. Sie dient eigentlich nur als Ausgangspunkt für das Bolavenplateau, Wat Phou und Si Phan Don. Wir genemigen uns dennoch einen Tag Langeweile.
Beobachten im Vat Luang am Xen Don Fluss, wie verschiedene Frauen und Männer Reis und Gemüse und Sonstiges in die Sala schleppen, damit die Mönche und Novizen noch vor 12 Uhr gegessen haben.
Und zwar genügend. Es ist einfach schön zu sehen, wie die Leute für das Wohl der Menschen in orange Sorge tragen.
Am Mekong entlang bis zum Dalat Daoheoang, dem großen Markt,
auf dem auch allerlei exotische Kreaturen verkauft werden. Ein viel größeres Durcheinander will man sich keinesfalls vorstellen.
Danach zum „Fußabdruck von Buddha“ höchstpersönlich (Wie oft bloß hat er diese Spur fahrlässig hinterlassen?) ins Vat Tham Fai mit den vielen für das Seelenheil, oder wie es im Buddhismus heißt, für das Karma gespendete Stupas.
Am Abend sitzen wir im vietnamesischen Lokal, verspeisen ein Gericht nach dem anderen, schütten ein Bier nach dem anderen in uns hinein, zum Schluss müssen dann noch einige Lao Lao daran glauben und wieder einige Biere. So dass wir leutselig und irgendwie wankend ins Bettchen fallen.
Ab dann umhüllt uns die Dunkelheit und das Vergessen.
Heute eine Tagestour mit einem Minibus (besetzt mit einer französischen Familie mit drei netten Kindern, einem älteren italienischen Paar, einem Thai-Ladyboy und seinem Lover und wir zwei Alten).
Östlich von Pakxe in Richtung Vietnam beginnt die asphaltierte Straße 23 ihren gemächlichen und unmerklichen Anstieg auf 1200 m Höhe, hoch zum Bolaven-Plateau. Dieses ist bekannt für sein mildes Klima, seine Mon-Khmer-Völker und die vielen Kaffee- und Teeplantagen. Es bietet ideale Bedingungen für Obst, Gemüse und Gewürze wie Zimt, Tee, Kardamom, Pfeffer, Avocado, Bethelnuss und -blätter.
In der Nähe des Tad Fane Resorts stürzt der Fluss Houay Bangliang über eine steile Klippe 150 m in die Tiefe und bildet einen Zwillingswasserfall, der sehr beeindruckend ist.
Danach besuchten wir sowohl eine Tee- als auch eine Kaffeeplantage,
konnten die Produktionsetappen und beim Kaffee kennenlernen.
Auf der Strecke nach Pakxong sah man auch weiße Bohnen beiderseits der Straße in den Höfen zum Trocknen ausliegen.
Am Mittag erfrischten wir uns etwas in den Becken des Wasserfalls Tad Lo und aßen ein Nudelgericht.
In dem nahen kleinen See dort beobachteten wir ein Gruppe Schüler, die sich in kompletter Schuluniform in die Fluten stürzten und zusammen viel Spaß hatten.
Beim Besuch eines animistischen Katu-Dorfes war man inmitten einer roten Staubwüste der ärmlichen Lebensweise dieser Menschen kurze Zeit nahe.
Die Gruppe spazierte ohne Eile durch das große Dorf, das den Brauch hat, dass die Toten jeder Familie in Särgen aus Holz oder Stein, die sie sich noch lebend schon ausgesucht hatten, unter den Langhäusern „gelagert“ werden.
Ein Besuch in einem Katu-Weberdorf und etwas später ein Alak-Museumsdorf mit dem gigantisch über Felsen abstürzenden Phaxuam Cliff waren der Abschluss der Tour.
Auf dem Weg zurück nach Pakse ging gerade die Sonne langsam und rot unter.
Heute morgen fuhren wir etwa 40 km mit einem Boot auf dem Mekong vom Pier in Pakse nach Champasak, wo wir im Anouxa Gh direkt über dem Fluss untergebracht sind. Dort ist wenigstens in der großen Mittagshitze relaxen in der Hängematte angesagt.
Das Dorf Ban Vat Thong und viele weitere entlang des Mekong sind als Champasak zusammengefasst, wohl eine alte Königstadt der Cham oder Zhenla, des frühen Khmer-Reiches.
Durch den Ort führt inzwischen eine asphaltierte Straße, die zur Mittagszeit vollkommen friedlich liegt.
Überhaupt ist dies ein gemütlicher Ort, in dem Hektik keine Chance hat. Ganz symbolisch fließen die Wasser des Mekong braun und träge nach Süden, den Wasserfällen und Kambodscha entgegen.
Insel Don Khong im Mekong - 04.12.2015
Gestern war ein schlechter Tag für uns beide. Kommt vor.
Aber heute hat sich das verändert. Es ist Unabhängigkeitstag in Laos. Am 2.12.1975 ergriff die Befreiungsbewegung Pathet Lao die Macht in Laos und verjagte den verhassten König und seine Familie.
Und wir haben wieder einen guten Tag. Seit der Mittagszeit feiern die Laoten hier im Anouxa Gh dieses Fest mit einem wahrhaftigen Gelage.
Es kreisen mehrere Flaschen Lao Laozwischen den Leuten der Großfamilie. Auch wir bekommen etwas ab. Die laute Musik raubt uns zwar den Schlaf in der Hängematte. Aber so ist das eben an realen Nationalfeiertagen.
Dann gondeln wir durch das friedliche Dorf, in dem am späten Nachmittag Boule, Volleyball, Fußball und Takraw gespielt wird und alle freundlich zu uns und bei bester Laune sind.
Wie kann man, ohne kitschig zu werden, von der Schönheit der Natur schwelgen? Wie soll man beschreiben die Spiegelungen im Mekong, die Wolkengebilde, wie man sie schon als Kind im Schlafzimmer der unseligen Großeeltern gesehen hat- und schön fand? Wie diese Ruhe beschreiben?
Und das Tuckern der unfassbar veralteten Fähre im glitzernden Mekong?
Wir sitzen am Ufer des Flusses, genießen den Moment des warmen Sonnenuntergangs und wundern uns über die Anstrengungen der Natur, uns, die Beobachter, mit außerordentlichen Inszenierungen zu erfreuen und in den Bann zu ziehen. Mit der Zeit glauben wir tatsächlich, dass dieses ganze Theater uns gilt. Beim Beerlao.
Im Gh wird weiter getrunken, als wir zurückkehren, ist gerade lautes Karaoke angesagt und der Boss und alle Leute hier sind leicht angetrunken, aber kümmern sich noch liebevoll um uns.
Nach einem Anouxa Cocktail (Lao Lao mit Honig und Limette, sehr lecker) und einem weiteren Lao Lao, gespendet von einem jungen Degerloche, sinken wir ermattet, ja ermattet, in die Betten.
Morgen ist ein neuer wunderschöner Tag. Im Wat Phou, dem Heiligtum der Khmer.
Es ist wirklich ein friedlicher Ort, dieses Champasak.
Und dann erst der Khmertempel Vat Phou!
Aber allen Freuden soll ja nach alter Erkenntnis der Schweiß vorangehen. Und das tat er in Mengen. Der Himmel strahlt, kein Wölkchen trübt das Blau.
Die Hinfahrt nach dem Frühstück war noch erträglich, aber die Rückfahrt! Die Mittagshitze schnürte fast die Luft ab.
Doch die Anlage des Khmer Heiligtums war die Anstrengungen wert.
Schon die Lage ist sehr symbolträchtig und man kann erahnen, warum die Khmer an dieser Stelle einen Tempel errichteten. Der Gipfel des Berges Phou Khao (1416 m), an dessen Hängen Vat Phou steht, ist von einem 16m hohen Fels gekrönt, den die frühen Völker als Lingam verehrten, das phallische Symbol von Shiva. Als wir ihm uns näherten bedeckte irgendwer verschämt das Phallussymbol mit einem kleinen Wölkchen.
Die Forschungen an der Anlage sind jedoch noch nicht abgeschlossen, so dass nicht klar ist, ob nicht vielleicht schon die Cham hier eine Kultstätte hatten. Einig ist man sich, dass im 6. Jahrhundert hier die Hauptstadt des präangkorianische Khmerreiches Zhenla gewesen sein musste.
Auf einer Ost-West-Achse führt zunächst ein 250 m langer Prozessionsweg zu den beiden Palästen aus dem 11. Jahrhundert. Daneben die Barays, die großen Wasserspeicher der Khmer.
Vat Phou besteht aus 3 Ebenen am Hang.
Danach führt eine erste Treppe, von alten knorrigen Frangipanibäumen gesäumt, auf eine kleine Terrasse, von der aus früher eine Straße den Tempel mit Angkor verband. Heute ist sie nicht mehr zu erkennen.
Über weitere steile Treppen, bei denen man sich fragt, wie sie die recht kleinen Khmer überhaupt erklimmen konnten,
erreicht man 100 m höher die dritte Ebene mit dem eigentlichen Heiligtum, das ursprünglich den zentralen hinduistischen Gottheiten geweiht war: Brahma, den Schöpfer, Shiva, den Zerstörer und Erneuerer und Vishnu, den Erhalter. Erst seit dem 14. Jahrhundert wurde in dem Bergtempel Buddha verehrt.
Oberhalb des Heiligtums befindet sich am Fels eine heilige Quelle, deren Wasser ehemals über eine säulengestützte Leitung zum Heilgtum im Tempelhauptbau geführt wurden. Noch heute gilt das Wasser dieser Quelle den Laoten als glücksbringend, wenn sie nicht gerade ihre Plastikschüsseln ganz praktisch darin waschen.
Von oben hat man einen herrlichen Ausblick auf den Mekong und seine weitgehend bewaldete Ebene und die Stille über dem Land ist betörend.
Wir verbrachte einige Stunden an diesem Ort, ließen uns kleine Küchlein aus Kokosnussteig schmecken und genossen Ruhe und Aussicht.
Im „Anouxa“ angekommen, warf ich mich ohne Umschweife ins Bett, schlief 2 Stunden selig und war danach wieder bei Kräften.
Am späten Nachmittag lag ein seltsam klares Licht auf der „Mutter aller Wasser“ und verwandelte die Uferlandschaft in ein strahlendes Gemälde.
Heute Morgen sind wir in einer Gruppe von 15 deutschen und französischen Travellern mit dem Boot über den Mekong gebracht worden, wo wir im Dorf Ban Muang in aller Ruhe auf den Bus warteten. Und das kann dauern, ist meine Erfahrung. Die Busse kommen ziemlich vollbesetzt aus Pakse und nur wenn genügend Plätze zur Verfügung sind, kommen sie ins Dorf. Aber schon nach etwa 1 h saßen wir alle im Bus. Der allerdings war knallvoll. Im Gang wurden Plastikstühle aufgestellt.
In Hat Xai Khoun wurden wir mit Gepäck in ein Songtheoaw umgeladen und auf die Insel Don Khong gebracht, die größte Insel von „Si Phan Don“.
Vor etwa 140 Jahren machte sich nach der Lektüre von Henri Mouhots Tagebüchern eine französische Expedition unter Leitung von Garnier auf, den Wasserweg von Vietnam nach China zu erkunden. An den unbefahrbaren Wasserfällen von Somphamit und Khon Phabeng platzten die Träume.
Diese Wasserfälle, knappe 160 km südlich von Pakxe, bilden die Südgrenze eines einzigartigen Feuchtgebietes, das von den Laoten "Si Phan Don" - Viertausend Inseln - genannt wird. Auf einer Länge von 50 km und einer Breite von etwa 15 km (!) gliedert sich der Mekong hier in etliche Arme und Kanäle und gibt - je nach Wasserstand - tausende Inseln frei.
Don Khong ist die größte Insel.
Eingebettet zwischen Mekong und Reisfeldern liegt der Ort. Und er bietet, was die Traveller schon seit mehr als zehn Jahren hierherzieht: Mekongpanorama, tropisches Inselgefühl und absolut nichts zu tun.
Sieht man von einer Fahrradtour um die Insel einmal ab. Und vielleicht noch von der kaum zu erkennenden Rollbahn, die im Zweiten Indochinakrieg von den USA benutzt wurde.
Mama Leuah Gh/Don Det - 07.12.2015
Am Wochenende nach dem Unabhängigkeitstag, also heute, verwandelt sich das Örtchen Muang Khong für eine knappe Woche in einen Jahrmarkt. Buden und Stände mit Grillfleisch, Trockenfisch, Dartspielen, einfachstes Karusell, Schießbuden, Obstständen und allerlei Plastikkrimskrams stehen in der Uferstraße und den Gassen vor dem Wat. Der Sportplatz wird kurzerhand zum Rummelplatz mit wenigen Attraktionen umfunktioniert.
Es ist „Boun Souang Heua“. Höhepunkt des Festes ist das Bootsrennen, bei dem die umliegenden Dörfer und Inseln gegeneinander antreten. Es ist gar ein Team aus Pakse dabei. In der Gattung der großen geschmückten Boote paddeln 45 Mann in einem Langboot die Strecke von wenigstens einem Kilometer den Mekong mit affenartiger Geschwindigkeit hinunter.
Leider können wir heute nur das Anreisen der Mannschaften mit riesigem Equipement beobachten. Am Ufer des Mekong schlagen sie ihre Lager auf, schleppen die Plastikplanen, Wasserbottiche, Riesenkochtöpfe, Feuerholz und Essutensilien in den Schatten eines alten Baumes. Später trainieren einige der Boote, ohne sich in die Karten schauen zu lassen natürlich.
Heute steht eine Inseltour auf dem „Programm“.
Sehr früh machen wir uns mit unseren alten Rädern auf den Weg. Rost ist von dicken Schlammspritzern versteckt und sie quälen sich mit uns über die schlechte Straße nach Muang Sen. Die Hitze ist schon nach wenigen Likometern unerträglich und im staubigen Flecken auf der anderen Inselseite denken wir kurz über eine Umkehr nach.
Die Straße wendet sich nach Norden und wir haben die Sonne im Rücken. Schon geht es etwas besser.
An vielen einfachen Stelzenhäusern bei den Reisfeldern vorbei. Die Erwachsenen begrüßen uns mit einem Lächeln, die Kinder rufen wie gewohnt begeistert „Sabaidii“, manche rennen zu uns auf die Straße, klatschen mit ihren kleinen Handflächen in die unseren. In der größten Hitze gönnen wir uns bei Bauern ein kühles Getränk. Die Kommunikation beschränkt sich auf Handzeichen und Lächeln.
Hier auf der Insel lebt der größte Teil als Bauer und Fischer auf einem kleinen Anwesen, bestehend aus großem Stelzenhaus und eventuell kleinen Hütten daneben. Auf dem Gelände herrscht richtiges Chaos, enormes Durcheinander von Schrott, Holzabfällen, Müll, irgendwelchen Geräteteilen, Kokosnussbergen, Schläfern in Hängematten und spielenden nackten Kindern.
Dazwischen kokettieren schlanke schwarze Hühner, picken überall wie die Idioten, Enten watscheln (wie könnte es anders sein - hat man schon mal eine Ente schreiten sehn?), Wasserbüffel ziehen ihre unendlichen Kreise, ein Hängebauchschwein liegt unter dem Haus in einem Schlammloch, Kühe und Ziegen stehen ratlos im Reisfeld nebenan, hinter einem schiefen Bambuszaun wächst Gemüse und freut sich auf ein knackiges Ende.
Man hat schon den Eindruck, dass keiner hier hungern muss, jeder genügend zu essen hat.
Allerdings sieht man auch große Armut und Elend hier und da. Vor allem am Rande der Dörfer. Dort hausen in kleinsten zerfallenen Hütten Familien und alleinstehende Mütter mit ihren schmutzerstarrten Kindern. Sie leben am Boden, man kann nicht erkennen, wovon sie sich ernähren und will auch nicht wissen, wohin dies noch führen mag.
Am Nachmittag ist plötzlich Tumult.
Die fast 30 Boote in unterschiedlicher Trikotfarbe und Mannschaftsstärke für das morgige Rennen über etwa 1500 m werden vorgestellt
und sie ziehen mit sehr viel Musik, Fahnenschwingen (die kommunistische ist immer dabei) Trommeln, Musik, Anfeuerungsrufen und Geschrei an den Zuschauern vorbei. Ein farbiges Gemälde!
Am Abend sehen wir die ausgepowerten Recken im nahen Wat. Dort haben viele der Mannschaften für einige Tage Asyl von den Mönchen erhalten. Sie campieren im Areal des Wat Cham Thong, aus Lautsprechern erklingt ungewohnt auf dem Gelände moderne laotische Musik, überall wird gekocht und die Trikots der Mannschaften hängen zum Trocknen in der Gegend herum.
Wir suchen nach einem billigen Ticket für die morgige Bootsfahrt nach Don Det. An normalen Tagen kostet sie 40 000 Kip pro Person. Im laotischen Sozialismus.
Dass dies aber kein Sozialismus mehr ist, merken wir spätestens am Boun Souang Huae Fest. Weil Fest ist, wird das kapitalistische Prinzip von Angebot und Nachfrage angewandt und der Preis einfach verdoppelt. Eigentlich verdreifacht, aber wir finden ein finnisches Pärchen, das mit uns nach Don Det fahren möchte und bereit ist, den Preis von 80000 Kip zu bezahlen.
Hoch lebe der Sozialismus und seine Feste!
Es ist sieben Uhr.
Dunst liegt über den Palmen und Bananenstauden am Ufer, über dem breiten Strom und jetzt auch vor der Sonne, die noch vor einer Stunde rötlichgelb und klar hinter dem Wald am Ufer des Flusses aufgestiegen ist. Es riecht nach Kokosöl, nach dem Fett der Garküchen des Morgenmarkts, dem Benzingemisch der Tuk-Tuks und dem Diesel der Schiffsmotoren. Vielleicht ist es dieser Geruchsmix der Tropen, die Asienliebhaber nach „Hinterindien“ und den Mekong reisen lässt.
Im braunen Wasser seifen sich die Alten ein, putzen sich Scharen von Kindern die Zähne, waschen Frauen ihre Wäsche. Eine alte Frau putzt mit einem Tigergrasbesen vor dem Ratana Guesthouse die Straße. Ein Boot tuckert auf die andere Mekongseite.
Eine alltägliche Idylle.
Am Morgen kommen noch 2 Backpacker ins Boot und wir tuckern durch die Mekonglandschaft nach Don Det.
Wir sind mit dem Boot direkt vor der Bungalowreihe von Lutz gestrandet. Schon nach wenigen Blicken ist klar:
Das Paradies ist noch in Ordnung und damit auch die Welt!
Bei Lutz und Pheng vom Mamaleuah Gh hat sich allerdings einiges verändert. Sie haben nämlich einen 5 Monate alten Jungen, Lukas S., das Restaurant wurde um einiges vergrößert und überhaupt noch so manches umgestaltet. Die Beiden sind wie gewohnt sehr entspannt und gehen auch die engsten Situationen mit laotischer Gelassenheit an. Das Wiedersehen ist sehr schön.
Wir bekommen Bungalow 1 und 2 mit gemeinsamer Dusche und WC und nach einigen Erzählungen schaukeln wir in den Hängematten, wie es sich gehört.
Mama Leuah/Don Det - 10.12.2015 (Dani hat Geburtstag)
Am nächsten Morgen ein hell strahlender Tag mit einem Himmel so blau, von keinem Wölkchen getrübt. Die Enten und Gänse unter dem Bungalow weckten mich mit ihrem Geschnatter,
der Hahn schon mal um vier Uhr in der Nacht. Ein neuer Tag beginnt. Vor dem Fenster fließt der Mekong beruhigend langsam, umspült lässig die vielen Oleanderinselchen,
einzelne Fischer werfen ihre Netze aus, die Sonne wärmt schon deutlich, obwohl sie gerade erst hinter den Bäumen aufgetaucht ist. Der Tag wird gelingen. Verstärkt wird das Gefühl, dass alles gelingen kann, durch 2 Tassen Arabica-Kaffee vom Bolaven Plateau.
Am Nachmittag die Erkundungstour auf dem schmalen Lehmweg am Ufer von Don Det.
Kokospalmen und Bambushütten, die meisten verfallen, viele davon verlassen, einige überraschend noch bewohnt, säumen das Ufer der Insel.
Der tägliche Strom der Backpacker hat vor allem im Norden der Insel seine Spuren hinterlassen. Hier stehen die Gästehäuser dicht an dicht, aus jeder grölt oder scheppert am Abend andere, aber vor allem laute Musik. Der Zusatz "Happy" meint keinen Zustand, sondern eine Zutat in den Speisen und Getränken.
Die Einheimischen wohnen direkt daneben in ihren unaufgeräumten, chaotischen Teakhäusern und Bambushütten. Und obwohl sie den Lärm eigentlich lieben (er verjagt doch die Geister), sind die Partys lauter als ihnen lieb ist. Je weiter wir nach Süden radeln, desto mehr hört der Rummel auf.
Irgendwann gibt es keine Häuser mehr, nur noch Idylle, die zeitweise von Wasserbüffeln versperrt wird.
Weiter durch abgeerntete Reisfelder, viele schwarz abgebrannt,vereinzelte Zuckerpalmen und
Regenbäume und der Mekong kommt gemächlich und in der Trockenzeit braungrün daher. Bis hinunter an die Eisenbahnbrücke, die die Franzosen damals für eine Schmalspurbahn gebaut haben. Heute verbindet sie Don Det mit der ruhigen und größeren Insel Don Khon.
Auf dieser zauberhaften Insel werden wir 7 Tage ganz happy verbringen.
Laos war schon immer ein armes Land.
Aufgerieben zwischen den Großreichen Angkor, Birma und Siam. Aber auch in den wenigen Jahrzehnten des laotischen Königreiches litt das Volk als Sklaven unter den Schikanen der kleinen Adelsschicht und der wenigen Freien im Land. Und danach die Herrenreiter der französischen Kolonialmacht.
So entwickelte sich eine nationale Identität, wenn überhaupt, erst mit der Unabhängigkeitsbewegung nach dem 2. Weltkrieg, angeführt vom Pathet Lao und den linken Prinzen, die schließlich nach vielem Leiden im 2. Indochinakrieg der CIA und der Amerikaner 1975 in der PDL Lao endete.
So etwas wie eine historische Tradition lebt aber nur auf dem Lande im schlichten und anspruchslosen Leben in den Dörfern weiter, in denen die mehr als 50 Ethnien ihre überlieferten Bräuche und animistischen Rituale weiterführen, stark geprägt von den Gesetzen der Natur und den regionalen Bedingungen. Uhren sind in dieser Welt nicht nötig, doch leider treibt die große Illusion des Fernsehens die jungen Menschen fort von der Familie und dem heimatlichen Dorf in die touristischen Gefilde.
Zu den Khon-Phapheng-Wasserfällen.
Am Abend zuvor hat beim Essen eine siebenköpfige Gruppe aus Deutschen (Steffen, Micha, Anette, Tina, Edriss, Klaus & Klaus) beschlossen, sich dorthin mit einem Boot fahren zu lassen.
Durch meist sehr lebhaftes Wasser mit vielen Strudeln werden wir am Nachmittag vom Boot durch das Wasserlabyrinth zur Attraktion gebracht.
Immer wieder drosselt der Bootsführer an seichten Stellen das Tempo oder verschärft es durch die Ministromschnellen, wechselt im Zickzack die Flussseite. An der Uferböschung neben weitverwurzelten, knorrigen Baumriesen und überhängenden Büschen spielen Kinder im braunen Fluss, winken uns mit Hurra und vielstimmigem Sabaidii begeistert zu.
Da die Behörden seit diesem Jahr einen „Eintrittspreis“ von 50000 Kip für den „Niagara des Ostens“ erheben, gibt es die Möglichkeit, sich kostenlos über unwegsames Gelände und
abenteurliche Bambusstabbrückchen von der Seite her anzunähern.
So kommen wir schweißnass und bei ohrenbetäubendem Lärm am Khone-Papheng Wasserfall an. Ein grandioser Moment. Wir stehen auf einem Granitfelsen mitten im reißenden Wasser.
Über eine Breite von mehreren hundert Metern stürzen die Wasser 20 m tief tosend über Geröll und Felsen hinab, und zwar 9,5 Millionen Liter Wasser pro Sekunde, liest man. Die ungeheure Kraft und Energie, mit der dies geschieht, ist im Körper zu spüren. Einige Meter weiter unten findet der Strom aus vielen Fingern, von Felsformationen geteilt, sein breites Bett wieder und treibt belanglos dem Süden und seinem Ende entgegen.
Begeisterung auf der Rückfahrt. Der Bootsführer macht einen langen Umweg fast bis Nakasang, um gegen 5 Uhr Richtung Westen auf Don Det zuzufahren, direkt der Sonne und ihrem tiefroten Untergang entgegen. Ein wunderschönes Naturschauspiel.
Die funkelnden Wellen, die Uferlandschaft im milden Abendlicht, die Ruhe des vergehenden Tages, wenn die Menschen noch schnell ein erfrischendes Bad im Fluss nehmen.
Vor Sonnenuntergang sitze ich am Mekongufer, sehe dem kleinen Glück der Wasserbüffel zu,
die bis zu den Nasenlöchern im Wasser stehn und stillhalten und diesen Moment so offensichtlich genießen.
Und die weißen Reiher jagen knapp über der Wasseroberfläche mit den Wolken um die Wette.
Und der verknotete Müllsack nimmt Reißaus und reitet auf den wiegenden Wellen nach Süden, ins fremde Vietnam.
Und der dunkle Seidenteppich segelt absichtslos herab und legt sich ganz sanft und leis auf die Welt.
Im Süden von Don Det liegt auf der anderen Seite eines kleinen „Kanals“ die Insel Don Khone. Dorthin wollen wir heute eine kleine Tour machen. Das bietet sich an, da der Himmel etwas bedeckt ist und die Hitze moderater.
Verbunden werden die beiden Inseln durch eine gemauerte Brücke, die eher an die Loire als nach Laos passen würde. Nur dass der Fluss darunter kein romantisches französisches Flüsschen ist, sondern träge grünbraune Wassermassen führt.
Zwischen 1866 und 1873 - in kriegerischen Zeiten also, während des deutsch-französischen Krieges noch - sandte die französische Kolonialmacht mehrere Expeditionen unter Ernest Douart de Lagree und Francis Garnier den Mekong flussaufwärts. Offiziell auf der Suche nach der Quelle, offensichtlich aber vor allem, um einen Zugang zum chinesischen Markt zu finden. Die großen Wasserfälle Somphamit und Khon-Phapheng bei Si Phan Don machten diese Hoffnung aber bald zunichte.
Doch so schnell wollten die Franzosen nicht aufgeben. Zur Überbrückung der Wasserfälle bauten sie ab 1893 eine zehn Kilometer lange Eisenbahnstrecke von der Südspitze Don Khones bis zur Verladerampe im Osten von Don Det. An diesen schon recht verzweifelten und ökonomisch eher absurden Versuch erinnert heute noch die Brücke zwischen Don Khone und Don Det und die Reste des alten Eisenbahndammes, auf dem man heute noch mit dem Rad die Inseln „erobert“.
Die Schienen sind längst abmontiert und anderweitig verwendet, nur der Schotter liegt vereinzelt noch hier und macht dann das Radeln zu einer holprigen Angelegenheit. Zu beiden Seiten des Damms breiten sich Reisfelder aus, ab und zu steht eine kleine, allmählich zerfallende Holzhütte auf Stelzen auf den Feldern.
Später führt der schmale Pfad durch lange märchenhafte Baumtunnel eines „verzauberten“ Waldes, an weiteren kleinen Wasserfällen
und Schluchten vorbei und endet schließlich am Mekong.
Hier im Süden von Don Khone steht die alte Verladestation, ein Monstrum aus Stahl und Beton.
Ein vergammelnder Kran, genug Beton für einen Normandiebunker und Verfall, wohin man schaut.
Die Dorfjugend spielt Takraw, eine Art Tennisfußball
oder hängt mit den Bootsleuten und einer Flasche Lao Lao am Ufer herum, in Erwartung zahlender Kunden, die für eine Stunde Delphinbeschau bei etwas Raffinesse einige USD locker machen.
Wir setzen uns in ein Bambuslokal mit einem Mangoshake, Frühlingsrollen und fried noodles. Die letzte Nacht muss lang gewesen sein, viel Diskussion, viel Bier, viel Lao Lao und viel Smoke. Mich überfällt augenblicklich eine große Müdigkeit.
Unter einem jetzt wieder wolkenlosen Himmel radeln wir auf dem eingewachsenen Damm zurück. Der Weg ist zwar ein wenig staubig und über manche Kiesstellen hoppelte man doch arg. Aber dafür war die Idylle pur.
An den Somphamit-Wasserfällen donnern die Wasser des Mekong über mehrere Felsstufen in ein Sammelbecken.
Es entfaltet sich eine imposante Gewalt der Natur, vor der man nur schweigend und fast ehrfurchtsvoll steht. Bei den Leuten hier heißt der Wasserfall "Tad Liphi", was soviel wie "Geisterversteck" meint und das Verhältnis der Laoten zur Natur ganz gut ausdrückt.
Am Wasserfall war es so heiß, dass wir uns für die Hängematte und eine kalte Dusche entschieden..
Ist auf der Insel ein Haus erstmal gebaut, wird bis zum Zerfall nichts mehr daran gemacht.
Die Bretter eines alten Verschlages lagern also unsortiert und wild neben alten, verrosteten Motorenteilen, nicht mehr zu gebrauchenden Wassertöpfen, Säcken mit Reis, verbrauchte Kokosfasern, untaugliche Boote liegen versenkt am Ufer - und über allem der Staub der Jahrhunderte.
Am Morgen wird zwar der Lehmboden gekehrt, als erste Tätigkeit des Tages. Aber das sonstige Chaos bleibt. In alle Ewigkeit. Das ist Laos, im Chaos.
Mama Leuah/Don Det - 13.12.2015
Heute besuchten wir die Insel Don Som.
Sie liegt nördlich von Don Det und reicht bis zur größten Insel der Region, nämlich Don Khong, wo wir vor Tagen das Bootsrennen sahen.
Mit der Fähre wechselten wir die Ufer und bemerkten sofort einen Unterschied. Die kleinen Kinder rannten, als sie uns sahen, zunächst verängstigt unter das Stelzenhaus, ehe sie sich wieder näher heranwagten.
Die älteren liefen in Gruppen zu uns herüber, tuschelten miteinander, stellten sich kichernd vor unsere Linse und strahlten, als wir sie die Bilder sehen ließen.
Offensichtlich haben sie kaum Langnasen gesehen.
Und tatsächlich, auf der Insel gibt es noch keinen Tourismus, kein Guesthouse, kein Restaurant oder ähnliches. Die Menschen leben dort sehr schlicht vom Reisanbau und Fischfang.
Ihre Stelzenhäuser sind fast nur aus Holz, manche neu gestrichen, die meisten aber verrottet und dem Verfall nahe.
Auf der Insel gibt es zwei kleine Dörfer, eines an der Süd- und eines an der Nordspitze. Dazwischen abgeerntete und total ausgetrocknete Reisfelder. Man kann nicht erkennen, mit welchem Kanalsystem sie zu bewässern sind. Die Leute müssen wohl auf die Regenzeit warten, bis der Boden wieder weich ist und die Setzlinge endlich gepflanzt werden können.
Eine schöne Erfahrung, durch den ruhigen Alltag dieser Menschen radeln zu können.
Laos ist immer noch das Land der Langsamkeit. Ein grundsätzlich anderes Lebenstempo, das dieses Land in unserer temporeichen Zeit für viele so attraktiv macht.
Mit den Menschen hier kommt man zwar nicht so leicht in Kontakt. Sie sind höflich und lachen schnell, aber bleiben ziemlich lange reserviert und lassen dich, den Fremden aus einer anderen Welt, die sie nicht verstehen, völlig in Ruhe. Denn sie haben mit sich und ihrem Leben genug zu tun und Neugierde oder Wissensdurst ist den meisten fremd.
Anders ist der Kontakt mit den Einheimischen hier auf der Insel. Die große Familie von Pheng, deren Häuser und Leben ich vom Bungalow aus sehr gut über den Tag verfolgen kann, ist aufgeschlossener, viele helfen kurz in den Bungalows oder im Restaurant. Man kennt sich also und lächelt sich an, wünscht sich einen guten Tag und ist freundlich. Häufig kommt MamaLeuah oder eine der vielen Schwestern mit dem kleinen Lukas auf dem Arm in die Küche oder badet mit dem Kleinen auf dem Arm vor der Terrasse im Mekong, dessen Farbe von Tag zu Tag mehr von braun zu grün wechselt.
Die vielen Reisenden, denen man unterwegs begegnet!
Kaum zu glauben, wie lange die meisten Zeit haben. Selten sind es mal nur drei Wochen. Oder auch sechs Wochen.
Einige ragen heraus aus dem Überangebot. Das sind die ehrlichen und wissbegierigen. Sie erkennst du an ihrer Offenheit und Aufmerksamkeit, die sie dir schenken und an ihren lebendigen Augen. Sie zu treffen ist eine Freude und das Herz geht dir auf. Bei ihnen hast du im ersten Moment das Gefühl, sie schon seit Ewigkeiten zu kennen.
Der normale Durchschnittstraveller aber fragt als erstes: „Wie lange bist du auf Reisen?“ und du siehst schon vor der Antwort ein kämpferisches, aber zufriedenes Glitzern in den Augenwinkeln. Wenn dann der erste Sieg unter Dach und Fach ist, geht es weiter wie beim Sammelkartenspiel: „Wo warst du überall? Wie? Bloß in Laos?“
Wieder verloren. „Hast du auch xy gesehen? Nein“ Wieder verloren. „Wieviel Geld gibst du am Tag aus? Was soviel?“ Wieder verloren. Und so immer weiter. Manchmal verlierst du im Bus drei, vier solcher Interviews. Das ist deprimierend. Das hält man auf Dauer nicht aus. Man ist ja kein Looser.
Und das alles natürlich mit cooler Miene vorgetragen. Und erst das Outfit. Da kannst du nicht mit.
Und willst es auch nicht. Denn du siehst die Fassaden solcher Typen und ahnst mit etwas Trauer im Gemüt die Tragödien und Dramen dahinter.
Beinahe jeden Morgen erwache ich um fünf Uhr. Mein Fenster zeigt im Osten auf den Mekong und im Westen auf die Häuser der Familie. In den frühen Stunden des Tages ist der Fluss noch streng verhüllt.
Das Erwachen geschieht im Verborgenen. Erst allmählich und zögernd, löst sich der graue Schleier, verweht und der Mekong zeigt sich majestätisch ruhig fließend in seinem Bett, nach feuchtkühler Nacht wach geküsst von der aufsteigenden Sonne.
Drüben im Westen erwacht das Leben früh. Der alte Hahn, dem ich gedanklich schon mehrfach den Hals umgedreht habe, ist der erste. Wenn sich die untere Himmelslinie über dem Grün leicht rötlich färbt, kommt schon Bewegung in die Häuser. Es wird gekehrt, Reis gekocht und den Tieren, die sich frei bewegen, Wasser und Futter hingestellt.
Eine Stunde später hat die Sonne Höhe und Kraft gewonnen, die dicht bewaldeten Ufer gegenüber zeigen langsam
deutliche Konturen. Die Luftwurzeln der riesigen Bäume, die sich in den abschüssigen rötlichen Lehmboden krallen, ausgeschwemmt von den Hochwassern, ragen wie Skelette ausgestorbener Tier
e auf. Hahnenschreie zerteilen die Stille, gefolgt von albernem Hühnergegacker. Von irgendwoher weht Hundegebell.
Auf dem Uferweg rennt ein Mann in T-Shirt, kurzer Hose und mit schweißtriefender Stirn, auf der Flucht vor Übergewicht und Herzinfarkt, wahrscheinlich ein Westler, liiert womöglich mit einer gertenschlanken asiatischen Schönheit.
Jetzt erwachen auch die Kinder und spielen mit viel Energie auf den Böden. Ein knatterndes Boot legt ab mit Frauen, die Gemüse auf dem Markt in Nakasang verkaufen werden.
Die letzten Tage in Laos verbringen wir also mit viel Nichtstun in Hängematten und auf der Veranda und an den Abenden mit langen Gesprächen bei Beerlao und Lao Lao, bis spät in die Nacht.
Unsere Tage sind gezählt.
Verrenkt schaukle ich am letzten Tag inzwischen in der Hängematte, schaue den blau geschminkten Himmel.
Die Sonne geht auf und unter, Leute kommen und gehen, die Zeit streicht über meine Haut wie ein warmer Lufthauch. Das Leben hier nimmt seinen Lauf wie ehedem, wie unbeteiligt. Und ich habe mich etwas festgefahren auf dieser Insel, in der vielen Zeit. Sie ist so klein und ich bin voll davon.
Es ist wie bei einem Festgelage. Köstlichkeiten stehen noch genügend auf dem Tisch, festlich geschmückt ist er noch immer. Aber ich bekomme keinen Bissen mehr runter.
Es muss weitergehn. Zurück nach Bangkok. Morgen.
Bangkok, 16.12.2015
Ereignislos aber staubig die Fahrt vorgestern.
Zunächst mit dem Boot nach Nakasang. Vom lehmigen, fast matschigen Ufer mit dem Rollkoffer durch die Schrottlandschaft der Trümmer eines heftigen Brandes im Dorf zum Busbahnhof gestapft, in praller Hitze. Koffertheater im vollbesetzten Bus nach Pakse (was stellt man sich wohl darunter vor?). Dort am Busbahnhof in den Borderbus nach Ubon Ratchanthani. Aussteigen an der Grenze, Visaformalitäten problemlos und schnell. Weiter mit dem Bus nach Ubon und mit dem Taxi vom Busbahnhof zum Padaeng Hotel in der Stadt.
Ubon ist die große aufsteigende Handelsstadt im Osten mit guten Beziehungen zu Laos und Vietnam.
Lutz und Pheng waren hier bei der Geburt von Lukas, hier werden Dinge gekauft, die es in Pakse noch nicht gibt. Und das ist allerhand.
Entsprechend dieser Handelstätigkeiten ist das Hotel für Geschäftsreisende eingerichtet. Sauber und komfortabel, es ist an alles gedacht und es ist für diesen Standard mit 14 Euro billig.
Wir haben Schwierigkeiten, den Nachtmarkt zu finden. Restaurants haben eh alle meist geschlossen. Hier wird gehandelt und eben nicht gegessen.
Vietnamesische Nudelsuppe mit Schweinefleisch, Kokoswaffeln und Cola (Bier war nirgendwo zu ergattern, also haben wir es im seveneleven für das Hotelzimmer erstanden) war ein karges, aber billiges Essen für diesen Tag.
Erwähnenswert: Im Wartesaal des Gates am Flughafen von Ubon wird im TV punkt acht Uhr die Sendung für die Hymne des Königs und einen täglich gesendeten Film über die Größe und die Errungenschaften des Thaikönigreichs unterbrochen, inklusive hochmoderner Luftwaffe und hochgerüsteter Armee. Das Schöne: Alle Thais erheben sich automatisch und stehen 2 Minuten schweigend und stramm, bis die Sendung wieder fortgesetzt wird, in der gerade eine sehr hochstehende Persönlichkeit überaus arrogant eine neue Zuglinie einweiht, während alle Umstehenden hochdekoriert und in weißen Uniformen gequält lächelnd und steif den Hintergrund zieren.
Von solchen Persönlichkeiten geführt zu werden, muss wohl viel Unterwerfung kosten.
Aber man weiß auch, dass schon einige Personen wegen Majestätsbeleidigung lebenslänglich erhielten oder gar hingerichtet wurden.
Zwei kleine Beobachtungen, die den großen Aufschwung des mordernen Thaireiches und die mögliche Richtung des von der Armee geführten Landes aus einer anderen Perspektive beleuchten. Keine Spur eines legeren Land des Lächelns!
Wir sind jetzt wieder in der „Stadt der Engel“.
Aber Engel gibt es selten im Viertel Banglampoo.
Auf der Fahrt hierher durch den Moloch schon. Da stehen sie überall abgebildet, mannshoch und mit Gold bekränzt, neben den und hoch auf den Portalen über die Straßen, in den Winkeln und auf den großen Plätzen, an den Schulportalen und öffentlichen Gebäuden. Sie sind omnipräsent, die Jenseitigen, die Gottgesandten, die die Diesseitigen regieren und sich dafür noch mit großem Aufwand und Pomp feiern lassen.
„Hoch lebe unser geliebter König!“
Aber Banglampoo ist ein Viertel der schillernden Wesen, der Freaks aller Schattierungen, der Clowns, der massiven Bart- und Zöpfchenträger, der Sozialisten mit dem modischen Loch in der Hose, der Blender, der Inder, die darunter gar keine sind, der Auf- und Halsabschneider, der Verfechter und Weltverbesserer und solcher, die es nur hier in der Fremde sind, und langhaariger Traveller, die singend und Gitarre spielend ihr sozialistisches Bedauern darüber ausdrücken, dass alles so ist, wie es ist.
Banglampoo steht für die Abnormitäten von Bangkok.
Wenn du hier an der Straße beim Bier sitzt, wirst du automatisch von Typen unterhalten, die schon durch ihr Outfit, aber auch durch raffiniertes Gehen und spezielle Attitüden zeigen wollen, wo sie gerade herkommen: aus Indien, Nepal, Vietnam zum Beispiel. Und das nicht nur durch Hüte oder sonstige Accesoires, sondern selbstverständlich auch durch landestypische Gestik und Kostüme, die sie mit viel Bravour vorführen, vorzugsweise mit gekonnter Lässigkeit.
Auf dem Laufsteg der Eitelkeiten siehst du den indischen Guru aus Wanne-Eickel ebenso wie die African Queen aus Wernigerode, den jungen Wanderfreak mit klobigen Stiefeln und dem Vorkriegsmodell eines Rucksacks, den langjährigen Rentner mit den übergroßen Holzohrringen, die auffällig bis auf die Schultern baumeln (und der Alte ist geil auf jeden staunenden Blick), der vollkommen tätowierte Jüngling, dessen wenige freie Stellen wahrscheinlich bedeckt sind.
Insgesamt ist das Publikum sympathisch, jedenfalls diejenigen, die den Blickkontakt suchen und sofort lächeln. Beim Beobachten ragen halt die wenigen Narzissten durch ihre Einzigartigkeit und Auffälligkeit heraus.
Morgen Abend steigt der Airbus von Etihad in den dann schon dunklen Himmel und rast mit für mich unvorstellbarer Geschwindigkeit nach Westen.
Ich muss es nochmals - auch vor diesem Flug - gestehen:
Es wäre gelogen, würde ich sagen, dass ich gerne flöge (dieser unsägliche Konjunktiv!).
Es ist nämlich so:
Jedes Mal, wenn ich die Kabine eines Flugzeuges betrete, komme ich mir wie ein Versuchskaninchen vor.
Außer mir sind alle anderen um mich herum völlig gelassen und zeigen keinerlei Symptome von Nervosität. Auch wundert es mich jedes Mal, wenn die Stewardess auffällig unbefangen (?) die Handhabung der Sauerstoffmasken erklärt, die korrekte Stellung bei Notlandungen, den Trick, wie man die Schwimmwesten - noch nie habe ich mich versichert, ob unter meinem Sitz tatsächlich eine auf mich wartet - im Indischen Ozean selber aufblasen kann, wenn sie es nicht automatisch getan hat, dass keiner aufsteht und brüllt: „Ich will hier augenblicklich raus!“
Oder wenn die Maschine an der Startbahn steht und mit irrsinnigem Lärm Anlauf nimmt und Anlauf nimmt und immer noch Anlauf nimmt und abheben will und doch noch auf der platten Erde rast, dass alle um mich herum in ihre spannenden und mitreißenden Bücher stieren, die Flugbegleiterinnen mit betonter Sachlichkeit den Gang entlang trippeln, sich am Sitz anschnallen und gelangweilt im Nichts ruhen.
Alles in Ordnung, alles normal!
Wenn das Teufelsding dann doch endlich - nach langer Schrecksekunde - in Zeitlupe irgendwie vom Boden abhebt, lehnt sich alles unmerklich entspannt im Sitz zurück und der Kapitän erzählt mir etwas in einer Sprache, dir mir nicht geläufig ist. Noch nie konnte ich die Durchsagen vom Cockpit verstehen. Auch die nicht in deutsch. Warum eigentlich?
Alles in Ordnung, alles normal.
Mit einem Tempo, schneller als meine Gedanken schieße ich dann durch einen Raum, der mir so fremd, unbelebt und irreal erscheint, dass mich das seltsame Gefühl nicht verlässt, dass ich hinausgeschleudert werde ins All, wenn nur der richtige Augenblick gekommen ist, auf den ich keinerlei Einfluss habe. Ich ergebe mich in mein Schicksal, lenke die zurückgebliebenen Gedanken mit Buchstaben und Bildern aus der alten, mir bekannten Welt ab.
Erst in dem Moment, in dem die Maschine den Boden, das Rollfeld berührt und ich langsam das Gefühl erhalte, der Flieger könnte tatsächlich abbremsen, bevor er mit Getöse über das Rollfeld triftend ins letzte Nirgendwo knallt, erst dann kommt das warme Gefühl zurück, irgendwo angekommen zu sein, noch einmal davongekommen zu sein.
Klaus und Klaus sind dann zu Hause.