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Java vom 10.10.16 - 29.10.16


"Viele Schritte - eine Reise" -
dieser Spruch von Buddha ein schönes Motto für das Leben -
und unsere Reise




 

Jakarta, 13. Oktober 16

Wieder unterwegs.
Dieses Mal mit mehr Hoffen und Bangen im Vorfeld.
Wenn aber die Reise beginnt, lässt man sich gewissermaßen fallen und ein großes Vertrauen beginnt. Die Ungewissheit verliert an Bedeutung und das Einlassen auf das Neue wirkt faszinierend und erzeugt eine optimistische Grundhaltung.

Das Anvertraute von Zeit zu Zeit zu verlassen, hat natürlich diverse Motive.
Manchmal zieht man los in der Absicht, Neues, Abenteuerliches, auch so große Dinge wie die Freiheit zu erleben.
Manchmal auch ganz banal um ein neues Land kennenzulernen.

Im heutigen Fall - bei Indonesien - handelt es sich nicht nur um ein kleines Ländchen oder einen Haufen kleinster Inselchen, sondern um den größten Archipel der Welt.
Mit einer Ausdehnung etwa so groß wie Europa von Ost nach West und der viertgrößten Bevölkerung der Welt.

Man glaubt es kaum - Indonesien ist mit 240 Millionen Menschen so groß etwa wie die USA oder die EU, ist Mitglied der G20, zählt zu den hoffnungsvollen Wirtschaftsaufsteigern, zu den größten Facebook- und Twitternationen - und besitzt - Donnerwetter - die weltweit größte muslimische Bevölkerung.

Ansonsten kommen bei uns in der westlichen Hemisphäre hauptsächlich Nachrichten über Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis an und ab und zu noch Meldungen über einen islamistischen Bombenanschlag. Bali zum Beispiel taucht in europäischen Reisebüros auch noch als Traum eines Tropenparadieses auf.

Weniger bekannt ist allerdings, dass in kaum einem anderen Land so viele Völker mit völlig unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Sprachen - relativ - friedlich miteinander leben, verbunden durch ihre gemeinsame Kolonialgeschichte.

Und nicht umsonst lautet das nationale Motto des Landes: „Einheit in Vielfalt“

Der Flug mit „Turkish Airlines“ war überraschend angenehm. Nirgendwo auch nur die leise Ahnung von Erdogan und seinen Machtphantasien.
Der kurze Flug bis Istanbul sehr erträglich, Sitzabstand, Service und Verpflegung erstaunlich.
Auf dem Atatürk Flughafen in Gate 163 beim Warten auf das boarding nach Jakarta dann eine wundervolle Begegnung.

Eine dickleiibige Dame aus Somalia mit vielen Rockschichten über einem typisch afrikanischen ausufernden Hinterteil und kunstvoll drapiertem Kopftuch um ein sehr dunkles Gesicht mit ledriger Haut, aus dem 2 verschmitzte Äuglein herausstachen, setzte sich neben uns. Mit ihr und einer hübschen und modernen Indonesierin, auf dem Weg mit ihrem elektronikverliebten Sohn zurück nach Jakarta, entwickelte sich ein Gespräch in routiniert vorgetragenem, aber afrikanisch angehauchten englisch über ihr Reisevorhaben. Sie war auf dem Weg von Mogadischu, Dschibuti und Istanbul auf einen zweitägigen Fischerei-Kongress in Jakarta, auf dem sie als einzige „Fischerin“ ihr Land vertreten sollte. Ihre Originalität war frappierend, ebenso die hennabemalten Hände und ihre weltoffenen Augen, die herzzerreißende Geschichten erahnen ließen. Sie beeindruckte durch eine schlichte, aber sehr bestimmte Art des Sprechens - ein schönes Beispiel für eine starke afrikanische Frau. Es wurde viel gelacht - auch über viele ihrer Anschauungen und Äußerungen gestaunt.

Der Weiterflug durch Nacht und verdunkelten Tag - man konnte tatsächlich neben 2 seltsamen Spielfilmen und gutem Essen einige Stunden schlafen - war dann doch relativ entspannt. Keine Tortur.

Am Abend in der Dämmerung landeten wir zwar bei grauem Himmel und 30 Grad etwas müde und mit dumpfem Hirn, aber noch aufnahmefähig in Jakarta, einer der Megacities von Asien. Berlin ist mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern ein Städtchen gegen die Ausmaße dieser Hauptstadt. In Berlin leben auf dem Quadratkilometer etwa viertausend Menschen, in Jakarta sind es fünfzehntausend. Und das ist sicher nur die halbe Wahrheit.. Offiziell soll Jakarta 10 Millionen Einwohner haben, im Ballungsraum leben aber mehr als 25 Millionen und niemand weiß. ob es nicht noch ein paar Milliönchen mehr sind. Jeden Tag machen sich viele vom Land auf hierher.

Einige davon sahen wir auf dem Weg vom Flughafen ins Zentrum, in den Wellblechhütten der Slums entlang den Autobahnen und Kanälen. Das koloniale Batavia tauchte aber nur momentweise aus dem Großstadtdschungel der Hochhausschluchten auf.

Überraschend zeitweise die Aufgeräumtheit der Highways und Straßen, des Verkehrs insgesamt, durch den uns der ständig plappernde und kichernde Taxidriver chauffierte. Dann aber auch wieder das asiatische Chaos mit dem ausbordenden Kabelgewirr und den klimagerätbestückten und schwarz tropenverschimmelten Häuserfassaden.

Längst war es dunkel, als wir im „Citi Hotel Gambir“ in der Nähe des Unabhängigkeitsplatzes und des „Monumen Nasional“ ausstiegen.
Es war wie Ankommen im glänzenden Foyer mit der netten Empfangsdame und dem modernen Ambiente, dem sauberen gefliesten Zimmer mit Platz und allem Nötigen.

Ein kleiner Spaziergang um den Block des recht provisorisch wirkenden Viertels endete schnell. Zu heftig der Verkehr und nichts, was uns in der Dunkelheit anlocken wollte. Noch ein Bintang Bier, eine Nudelsuppe und scharfes Hühnercurry - und gegen Mitternacht wiegte uns der Rhythmus der Klimaanlage in den Schlaf.

Am nächsten Tag wandern wir bei ziemlicher Hitze zum riesigen Unabhängigkeitsplatz, entlang der umgebenden Boulevards, die vollgestopft sind mit Edelkarossen, klapprigen Motorikschas und lärmenden Pulks an Motos und Scootern.

Am Eingang zum Merdeka-Platz spricht uns ein „Dolmetscher“ an, der sein gutes Deutsch vor 20 Jahren im Goethe-Institut von Jakarta erlernt hat. Er ist auf dem kleinen Spaziergang im Park eine brauchbare Infobox und wir verabreden uns für einen der nächsten Tage zu einem kleinen Ausflug in den Taman Mini im Süden.


Am zentralen „Monumen Nasional“ (ein Turm, der entweder einen Lingam symbolisieren oder die Unabhängigkeit des Landes darstellen soll) fahren wir mit dem Fahrstuhl - nachdem wir eine Stunde in der Schlange standen und dabei zum begehrten Fotomodell für die freundlichen und immer lächelnden und nicht kostümierten Indonesierinnen avancierten -



auf die 115 m hoch gelegene Aussichtsplattform
hinauf und betrachten den Moloch unter uns aus der Vogelperspektive. Sehr beeindruckend!

Überhaupt, die Ansammlung attraktiver Gebäude um den Platz ist enorm. Ob die Istiqulal Masjid als eine der größten Moscheen Asiens,



das Gebäude des Obersten Gerichtshofes, der Palast in dem das Museum Nasional untergebracht ist oder der säulenbestückte Gouverneurspalast.

Abgesehen von den in den Himmel wachsenden Gebäuden.


Das Schöne am „Merdeka-Platz“ ist gleichzeitig auch das Blöde, nämlich die großen Ausmaße von 2 km im Quadrat. Einerseits nämlich fungiert der Platz durch die vielen Palmenhaine und Wäldchen als grüne Lunge des Zentrums, andererseits zwang uns allerdings die Totalumzäunung und die Tatsache, dass es nur den Nordeingang, bzw. -Ausgang und keinen anderen gibt, zu einem Gewaltmarsch von annähern 10 - 12 km. Bei der Durchquerung, der Suche nach dem Ausgang und der eineinhalbfachen Umrundung des Platzes waren unsere Sohlen jedenfalls platt.

Der Gegensatz von arm und reich ist unübersehbar in diesem Moloch.
Gestern irrten wir im offiziellen und luxuriös angelegten Jakarta herum und heute spazierten wir gewissermaßen durch die Gosse.

Mit dem billigen,klapprigen und verrosteten Mikrolet, einer schäbigeren Version eines türkischen Dolmus, ließen wir uns im stressigsten Verkehr zur Stasion Kota bringen. Das Zentrum des alten von den Holländern geprägte Viertel Batavia nahe an der Flussmündung und dem Hafen. Im 16. Jahrhundert hatten sich die ersten hier niedergelassen und 1619 nahm die holländische „Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC)“ den Gewürzhandelshafen in Besitz. Heute ist davon kaum mehr etwas zu sehen.
Erster Gedanke: „Mit den „Piraten von Batavia“ des holländischen Dorfes im Europapark Rust hat das hier aber auch gar nichts zu tun.“

Nördlich der Stasion Kota beginnt der historische Teil des alten Hafenviertels Batavia. Hier entsteht heute ein kleines touristisches Zentrum um den „Taman Fatahillah“, dem ehemaligen Rathausplatz der Holländer.
Ein großer weiter Platz mit einigen wunderschönen Kolonialhäusern wie dem Stadthuis, ehemals auch Gefängnis der Stadt, im ehem. Justizpalast ist heute das Keramikmuseum untergebracht, an der Westseite befindet sich das „Museum Wayang“ mit aufwendig verzierten Schattenspielfiguren und daneben in einer schön restaurierten Kolonialvilla das „Cafe Batavia“ zwischen Tourinepp und bezauberndem Blick in koloniale Zeiten.

Der Platz ist ständig bevölkert und - wie es der ironisch veranlagte Engel der Geschichte es will - erfreuen sich heute die indonesischen Touristen bei einer wilden Fahrt über den Platz auf einem bunt bemalten Hollandrad mit aristokratischem Stroh- und Tropenhut.

Heute aber war ein Tag der Kontraste, wie auch diese Stadt eine der großen Widersprüche ist.

In manchen Gegenden von Jakarta wohnen die Armen fast Tür an Tür mit denen, die vom wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt profitiert haben. Herausgeputzte Villen und Einfamilienhäuser stehen ganz in der Nähe der Blechhütten. Gläserne Wolkenkratzer mit Luxusappartements sind von traditionellen „Kampungs“ umgeben. Das sind dorfähnliche Siedlungen mit Billighäuschen, engen Gassen und offener, meist stinkender Kanalisation.

Und wer Geld hat, hat auch Angst es zu verlieren. So sind jene Häuser meist gut abgeschottet, nicht selten mit Natodraht auf den ohnehin schon hohen Mauern geschützt und durch bewachte Schranken gesichert. Man sieht förmlich die Angst der Besserverdiener vor eventuellem Diebstahl oder der gegen sie gerichteten ohnmächtigen Wut.
Ein solches Schicksal hatte gegen Ende des Suhartoregimes die Chinesen ereilt, denen man damals wegen ihres wirtschaftlichen Erfolgs nach dem Leben trachtete. Noch heute sieht man im Chinesenviertel Glodok, durch das wir gefahren wurden, zerstörte Chinesenhäuser.

Aber auch die Slumbewohner überall auf der Welt müssen um ihren Wohnraum fürchten. Eine Wellblechhütte ist kein bebautes Land und lässt sich problemlos mit dem Bagger entfernen. Und das Image einer modernen Stadt steigt, wenn man die Armut unsichtbar werden lässt, statt sie zu bekämpfen, wie man erst kürzlich in Rio während der Olympischen Spiele demonstriert bekam.

Nur wenige Schritte nördlich des schmucken Fatahillah-Platzes, in den die Unesco und eventuell auch die Stadtverwaltung und Regierung viel Geld investiert haben,



mit seiner entspannten, ausgelassenen Freizeitathmosphäre



beginnt dann wieder das Chaos und der tägliche Überlebenskampf.
 

Auf unserem Weg zum alten Hafen verlassen wir nämlich längst die gepamperte Welt der Moderne und die Ratten zeigen uns den Weg zum Sunda Kelapa, dem ältesten Hafen dieser Stadt, von dem aus die Portugiesen den Gewürzhandel kontrollierten.
1527 besiegte zwar der muslimische Prinz Fatahillah mit seinen Truppen die Portugiesen und gründete die Stadt „Jayakarta (der große Sieg)“, aber schon 100 Jahre später wurde der Ort von der „Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC)“ übernommen und in Batavia umbenannt. Zweihundert Jahre später war dieser Hafen malariaverseucht und verkommen. Die Holländer gründeten die neue Stadt um den heutigen Merdeka-Platz und wer es sich leisten konnte verließ das alte Batavia.

Heute wie gesagt durchstreiften wir dieses Gebiet (Kota) und ich fühlte mich in die Realität indischer Nebenschauplätze versetzt. Die Straßen flankiert von Kanälen, in denen sich in einer Brühe der übelsten Sorte, von stinkendem Unrat verziert, fettleibige Ratten suhlen. Überall Schmutz, Morast und ölverschmierte Werkstätten, in denen sich verschrottete Einzelteile zu Bergen türmen, und undefinierbare Gewerke Undefinierbares produzieren. Bettelarme Gestalten, die ihr Dasein mit menschenverachtender Arbeit fristen.

Man bekommt die Idee und den starken Wunsch, sowohl den indonesischen Gesundheits-, als auch den Arbeits- und Sozialminister auf ein Stündchen zu einem Spaziergang hier im Viertel einzuladen.
Am irrwitzig stinkenden alten Fischmarkt vorbei kommt man, wie es im Loose steht, „den Bewohnern sehr nah“. Ich würde das Wort Bewohner mit Elend ersetzen.

Am Sunda Kelapa, dem alten Segelschiffhafen liegen die in Bira (Sulawesi) von dem Volk der Bungis gebauten Lastensegelschiffe (Pinisi) aus Eisenholz gebaut. Um die Schoner mit den hohen Masten geht es immer sehr geschäftig zu.




Vermummte, krank und schlecht ernährte Gestalten beladen die Schiffe über äußerst schmale Holzplanken mit Zementsäcken oder entladen Obst oder Holz von den Außeninseln. Ein Elend, dem wir nicht allzu nah sein wollten.


Wir hoffen andererseits, dass wir die Schiffsbauer von Bira in Sulawesi und damit auch unseren französischen Freund Alain - ein für ihn gebautes Schiff wird in den nächsten Tagen eingeweiht - noch in diesem Monat besuchen können.

Am Abend fahren wir in das von Loose empfohlene Travellercenter von Jakarta: Jalan Jaksa. Welche Enttäuschung und unser Vertrauen in Looses Glaubwürdigkeit war zutiefst erschüttert. Nur heruntergekommene kleine Essstände, überwiegend „lost people“ und der Gipfel: das vielgelobte „Memories“ Hostel und Bar war bevölkert mit gealterten Expats und kurzberockten Schönheiten, die gelangweilt auf deren Geldbeuteln hockten. Wir waren falsch, tranken ein großes und schön kaltes Bintang - und waren weg.


Bandung, 16.10.2016

Am Donnerstag, 13.10.16 starb der geliebte König Bhumipol, für den tausende Thais seit Tagen vor dem Krankenhaus gebetet hatten.
Und dies etwa zwei Monate vor seinem 89. Geburtstag. Das ganze Königreich trauert nun. Gewöhnlich ein Jahr, wobei mindestens für 30 Tage jegliche Feste ausfallen werden.
Stopp.
Etwa die Hälfte trauert und mindestens die Hälfte muss trauern. Das gehört sich so in einem Gottkönigs-Staat. Welchen Sinn hätte denn sonst der Majestätsbeleidigungs-Paragraph? Auf Grund dessen schon mehrere hundert Menschen hingerichtet wurden, vornehmlich in den letzten Jahren. Und welchen Sinn, bitteschön, hätte denn sonst eine Militärdiktatur?

Nun wird sein Sohn, Prinz Vajiralongkorn, 63 Jahre und Lebemann, als göttlicher Nachfolger König Rama X. Dann wird Thailand wieder begeistert sein. Und wir ahnen schon.
Zunächst werden die Straßen in den Städten und im kleinsten Dorf mit überlebensgroßen, goldverzierten Trauerbildern und Trauerflor überladen sein, später dann, in zeitlich respektvollem Abstand, wird dem glanzvollen Neuen mit großem Pomp gehuldigt werden. So ist das eben in einer stabilen Monarchie. Und dies wird viel Respekt kosten - und ein bisschen Gold.

Vom Gambir Bahnhof am Merdeka-Platz, ganz in der Nähe unseres Hotels, besteigen wir zur Mittagszeit den Zug in die Berge nach Bandung. Regen ist für das Wochenende angesagt, zumal dort auf 700 m Höhe. In kolonialen Zeiten war dies ein Rückzugsort für die Holländer und der Gouverneur ließ dort Tee- und Kaffeeplantagen anlegen. Durch die Art-Deco-Architektur der Villen bekam die Stadt den Beinamen „Paris von Java“. Wir sind gespannt.

Die Fahrt im bequemen und vollbesetzten Abteil war angenehm und interessant. Zunächst schlich die Bahn die Dollarmeile der Glashochhäuser und unbevölkerten Parks entlang, nach etwa 10 Minuten aber wechselte die Szenerie in die Rupien- oder gar Ohne-Geld-Welt. Der Luxus verschwand und die Baumaterialien der Häuser und Hütten wiesen nun wenig Eleganz auf. Man kann sogar sagen, sie waren zufällig zusammengesucht, altersschwach, modrig und ließen jeden Sinn für Schönheit vermissen. Heimstätte aber waren auch sie, denn immer wieder sah man ästhetische Chiffren: eine bunte Hibiscusblüte im Winkel, die Hausfrau säubert den Lehmboden mit einem Reisigbündel, eine Katze räkelt sich im Schatten eines Blumentopfes.
Eine Stunde später öffnete sich die Landschaft. Jetzt sah man immer mehr bewässerte und knallgrüne Reisfelder und eine kümmerliche Idylle der Dörfer flog an uns vorüber.

Allmählich verließ der Zug die Ebene und stieg mühsam hinauf zu den dichtbewachsenen und dunklen Bambuswäldern. Der Boden war rot bis rotbraun und signalisierte hohe Fruchtbarkeit, was auch durch die Üppigkeit der Mangobäume und Bananenstauden zu erkennen war. Das leuchtende Grün der irren Formationen an Reisterrassen schimmerte immer wieder durch die zarten Maniok-, Latex- und Teakplantagen.

Als wir im Guesthouse auf der Terrasse saßen, begann es in Strömen zu regnen. Tatsächlich.

Die Jalan Braga ist eines der Ausgehviertel von Bandung. Hier reiht sich ein Warung, Restaurant, ein lauter Musikschuppen, ein edles Westlokal und ein einfaches Bebeklokal an das andere.



In einem letzteren haben wir uns ein klitzekleines Entenflügelchen mit süßsaurer oder scharfer (Ogottogott!) Soße und auf unterschiedliche Art gegrillt, je zwei Gurkenscheiben und viel Reis genehmigt. Ein karges Abendmahl fürwahr. Als Ausgleich dafür ein großes Bintang im schön gestylten Bragan Art Cafe. Vor den Lokalen bekämpfte sich die jeweilige Musik gegenseitig und der Straßenverkehr brandete unaufhörlich. Bis in die Nacht hinein.


Überhaupt der Verkehr. Durch ein unsinniges Einbahnstraßensystem leidet die Stadt den ganzen Tag und überall unter notorischem Verkehrschaos. Und du als harmloser Fußgänger bist total überfordert.

Ein Indonesier geht nicht zu Fuß, haben wir gelernt, nur wenn er arm ist oder Plastikflaschensammler. Und eben zwei schwäbische Touristen. Nicht nur, dass es meist keine Fußwege gibt. Und wenn, dann sind sie mit riesigen Löchern, Gräben mit Untiefen und wackligen Plattenresten und sonstigen Stolperfallen ausgerüstet, so dass man nur hüpfend und mit Blick zum Boden vorwärts kommt. Das Lustigste an dieser Sportart beginnt dann, wenn dir auch noch eine Horde herzloser Motos auf dem Weg entgegenkommt.

Höhepunkte aber sind die ständigen Straßenüberquerungen. Denn da muss man sich irgendwann lebensmüde in das Getümmel stürzen im Vertrauen darauf, dass die heranbrausenden Gefährte gerade noch knapp vor dir abbremsen. Als wir einmal etwas länger an der Straßenseite standen, wollte uns ein Mann tatsächlich über die Straße geleiten. Er hatte Mitleid. Wir fühlten uns noch 10 Jahre älter, lehnten dankend ab und stürzten uns blindlings ins nächste Abenteuer.

Man muss an dieser Stelle überhaupt eines klarstellen. Die Javaner und Sundanesen sind ein äußerst freundliches Völkchen, das viel lacht und Ausländern gegenüber sehr, sehr aufgeschlossen ist. Kommt es beim Entgegenkommen oder sonstwann zum Augenkontakt - der auch meist gesucht wird - wird man mit einem freundlichen und oft strahlenden Lächeln begrüßt. Das muslimische Kopftuch ist dabei kein Hindernis und verliert hier jegliche negative Konnotation.



Weltweite Berühmtheit erlangte Bandung 1955, als der erste Präsident Sukarno die jungen, von ihren europäischen Kolonialherren unabhängig gewordenen Nationen aus Asien und Afrika zur ersten Konferenz der „Blockfreien Staaten“ hierher eingeladen hatte.


Daran erinnern heute noch Straßennamen und ein Museum im Gedung Merdeka (dem Freiheits- oder Unabhängigkeitsgebäude, damaliger Tagungsort).




In
der Masjid Raya (große Moschee) fuhren wir mit dem Aufzug auf die 81 m hohe Plattform des Minaretts und genossen - wie man sagt - die Aussicht. Auf eine Stadt im Dunst und in Regenwolken, von Bergwelt rings umgeben.


Im gesamten und riesigen Moscheenumfeld waren wir unter allen Kopftüchern und sämtlichen männlichen Kopfbedeckungen und Gewändern die einzigen Ungläubigen. Und obwohl Minuten zuvor der Muezzin die Größe und Einzigartigkeit Allahs lautsprecherverstärkt gepriesen hatte, waren alle hier uns gegenüber doch sehr milde gestimmt. Was sicher nicht an unseren großen Nasen liegt. Ständig werden wir zu einem Foto oder Interview eingeladen.

Die Völker Indonesiens sind alle religiös unter den 5 konstitutionellen Grundprinzipien des Staates, den „Panca Sila“, formell geeint. Eines der Prinzipien fordert den Glauben an den einen Gott. Ja, aber diese überirdische Macht mag ebenso ein islamischer (ca. 220 Mill.) wie ein christlicher (ca. 20 Mill.) oder hinduistischer (14 Mill.) oder buddhistischer (2 Mill.) Gott sein. Man akzeptiert die religiöse Vielfalt. Selbst Geister und Dämonen haben in der Vorstellungswelt der Menschen ihren Platz.

Am Mittag wurden wir bei aufkommendem Regen von einer nicht enden wollenden Menschenmenge durch den engen Pasar Baru geschupst. Da sind vor den eigentlichen Hallen und Läden mit Bergen von Kleidern und Stoffen und Glitzer und lauter Musik die vielen mobilen Verkäufer mit allerhand Waren im Angebot - die bei Regen weg- und danach wieder umständlich auf die Plane geräumt werden müssen. Und was da alles angeboten wird. Natürlich Obst wie Durian, Mango, Guaven, Papaya, viel Essbares - die Fleischstücke auf Teufel komm raus zergrillt, die undefinierbaren Soßen in schmuddeligen Gefäßen, bei denen du nicht wissen willst, aus was sie gemixt sind, Teigtaschen, deren Inhalt du nicht kennst - und natürlich auch viel Unnützes.
Und mancher Blinde, Entstellte oder Amputierte bietet sein jämmerliches Elend an.

Am Abend dann der Schock. Bei Wetter.com wird uns eingeredet, dass in Yogyakarta (unser nächstes Reiseziel in Ostjava) die ganze Woche ziemlich starker Regen angsagt sei. Wir reservieren dennoch ein Zugticket und am Morgen löst sich das ganze auf, bei unerkennbarem Grund.

Wir spazieren auch den ganzen Tag unter blauem Himmel in den Norden von Bandung




und als die Füße nicht mehr tragen wollen, fahren wir mit einem Angkot (Kleinbus, den man auf Strecken anhält)




gar hoch nach Dago Bukit, von wo aus man einen schönen Blick auf die Stadt haben soll, der uns aber aus unerfindlichen Gründen versagt blieb.
Wir können eben kein „Bahasa Indonesia“ und die meisten kein englisch oder wir haben es eben nicht verstanden.

Morgen früh um 8.30 Uhr fahren wir 9 Stunden nach Yogyakarta, der heimlichen Haupt- und Künstlerstadt.



Yogyakarta, 20.10.2016

Nach angenehmer Zugfahrt landen wir am Spätnachmittag wieder im Chaos indonesischer Städte: Yogyakarta.




Die Taxifahrer am Bahnhof Tugu überschlagen sich, die Preise ebenfalls. Wir stapfen mit unserem Gepäck ins Freie hinaus auf die belebte Straße und - schwups - der Preis hat sich wundersam halbiert. Durch unendlichen Verkehr, Millionen kreuz und quer fahrender Motos, höllischem Lärm werden wir in den Norden der Stadt gebracht. Durcheinander überall, gequirlte Sinne. Die Unruhe, die in all den Bildern haust, halten unsere Augen und Ohren kaum aus, wollen wegsehen und -hören.

Unser Tiga Lima Homestay in einem kleinen Viertel aber - eine wahre Oase im ohrenbetäubenden Straßengewirr.


Nette Leute, tropischer Garten, riesiges und gestyltes Zimmer mit Himmelbett, ein Badezimmer wie in Schöner Wohnen. Ruhe.





Am Morgen dann ein berauschendes Frühstück, das Lachen der Menschen, der blaue Himmel über einem kleinen Swimmingpool. Eine kleine Katze genießt die ersten Sonnenstrahlen. Wir müssen uns nicht zu einem Ruhetag überreden.

Mit dem Transyogya-Bus ins Zentrum auf die Malioboro ins Zentrum gefahren - und schon wenige Meter später, auf der Höhe der holländischen Bedeng Vredeburg, trat der erste Schauspieler des klassischen, nur für Touristen aufgeführte Schauerspiels „Abzock-Blues“ auf den Plan. Eigentlich dachte ich als alter Schlepperkenner, dieses Stück sei längst bekannt, aber man lernt ja nie aus.

1. Akt: Unser Mann kommt strahlend auf uns zu, erkundigt sich besorgt nach dem Befinden, verwickelt uns in ein launisches Gespräch, alles in deutschen Sprachsplittern, fragt nach Wunsch und Ziel. Als wir ihm ein knappes „Kraton“ hinwerfen, legt sich seine Stirn in Sorgenfalten und er meint, - wir ahnten es schon - der Kraton sei bis 14 Uhr wegen eines Meetings der Regierung heute geschlossen. Danach zeigt er in Richtung des Palastes und meint, dort habe die Polizei abgesperrt und ob wir sie sehen könnten? Wir sehen gar nichts, dennoch klingt alles ganz glaubwürdig.

Wir meinen daraufhin, die Vredeburg besichtigen zu wollen, worauf er darauf hinweist, dass am Nachmittag dort ein Gamelan-Orchester spielen würde. Wir sind leicht verunsichert. Er macht uns nun den sehr unverfänglichen Vorschlag, ganz in der Nähe sei eine hochgelobte Batik-Art-School, in der man den Studenten über die Schulter schauen könnte usw.

Auf unseren schwachen Widerstand, wir würden das erst am Nachmittag besuchen wollen, setzte er den finalen Hieb. „Die Schule ist nur bis 12 Uhr geöffnet.“
Wir kapitulieren und er muss uns nur noch den Weg erklären. Den wir, im Vertrauen, nach seinen schlampigen Angaben nie selbst gefunden hätten.

2. Akt: Der 2. Schauspieler tritt auf. Am Gedung Agung, dem Präsidentenpalast von Sukarno spricht uns ein sehr freundlicher Mann an, bei dem sich herausstellt, dass er für ein staatliches Touristenbüro arbeitet, heute aber frei hat und gerade dabei ist, seinen fünfjährigen Sohn vom Kindergarten abzuholen. Wir plaudern über dies und das sehr angenehm und als wir ihm eröffnen, dass wir zur „Batik-Art-School“ wollen, meint er, sie läge auf dem Weg zum Kindergarten. Er gibt uns viele Tipps für den Besuch von Borobudur und Merapi und wir verabschieden uns in bester Stimmung, als er uns an der Schule abgibt, wo schon ein älterer Herr uns die Türe öffnet.

Nun beginnt der 3. Akt: Der 3. Schauspieler Novi, der im November Geborene, stellt sich als Leiter der Schule vor und erzählt in gebrochenem Deutsch, dass er vor Jahren bei einem deutschen Freund in Freiburg ( „ja, im Schwarzwald!“) Urlaub gemacht habe. Dann erklärt er uns den Prozess der Batikherstellung von der Philosphie und Geschichte zur praktischen Seite der Verarbeitung. In der Nähe arbeitet eine „Schülerin“ an einem Stoff. All dies dauert und er zeigt uns Beispiele von Schüler- und Masterarbeiten, die uns zum Teil sehr gefallen.


Kurz, mit Einfühlungsvermögen und einer psychologisch raffinierten Performance bringt er uns dazu, 2 besonders schöne Stücke zu kaufen. Bis dahin lief alles nach Plan. Und nun doch, zum Abschluss, der Schnitzer.

Gerade als wir uns verabschieden, kommt Schauspieler 1 mit einem neuen Beutepaar in den Hof. Als er uns sieht, will er sich noch hinter einer größeren Batikarbeit verstecken. Was ihm aber nicht mehr gelingt.
Die Erleuchtung hat in diesem Moment schon von uns Besitz ergriffen!
Irgendwie hat man Hochachtung vor derlei Kunstvermarktung auf indonesische Art.
 

Und nebenbei: Die Batikbilder sind schön, mit leuchtenden Naturfarben und ohne Chemie auf Seide verarbeitet und auf keinen Fall „CocaColaBatik“.




Nach dieser Lehrstunde spazieren wir zum„Kraton“, dem ehemaligen Königs- und Sultanspalast. Er ist ein schönes Beispiel javanischer Hofarchitektur. Vier m hohe und weiße Mauern begrenzen das ca 4 qkm große Areal.
Typisch ist die genaue Ausrichtung des Palastes in einer Nord-Süd Achse vom Vulkan Merapi im Norden zum Ozean im Süden. Am riesigen Alun-Alun-Lor Platz im Norden schleppen wir uns in der Mittagshitze voran, finden lange nicht den Eingang zum Palast, besichtigen den Vorhof mit Empfangshalle des Sultans, diesem Schwerenöter, wie wir im Taman Sari erfahren sollten,



und stellen am Ticketschalter fest, dass der eigentliche Palast in einer halben Stunde schließen wird. Natürlich weiß hier niemand etwas von einem Meeting der Regierung.

Als wir uns danach auf den Weg zum „Taman Sari“, von den Holländern Wasserkasteel genannt, machen wollen, werden wir von einem Zeitgenossen darauf hingewiesen, dass das Wasserschloss mit Garten schon geschlossen hätte.
Diesmal ignorieren wir und am Eingang des Lustschlosses vom Sultan aus Yogya heftet sich ein Führer, der im Verlauf immer symphatischer wird, an unsere Fersen.




 



Er führt uns durch die weitläufige und interessante Anlage. Im Anschluss führt er uns noch durch sein Kampung, einem dorfähnlichen Viertel im Taman Sari.


Ein Luwak, offensichtlich ziemlich geschafft nach getaner Arbeit.

Danach sind auch wir platt, ein Opfer der Hitze. Aber einige Erfahrungen reicher.


Heute wurden wir von Aris, unserem privaten Driver, zum großen Borobudur-Tempel gefahren, dem größten buddhistischen Monument der Welt. Und solche werden täglich von Touristenmassen, Schulklassen und Pilgergruppen überschwemmt,




was dem Mysterium der Plätze natürlich nicht zuträglich sein kann. Und Borobudur ist von seinem Aufbau, den plastisch gestalteten Reliefs über die Lebensstationen von Siddharta bis zur Erleuchtung



und seiner Reinheit der klaren Form ein besonders schönes Exemplar buddhistischer Architektur.


Schwierig aber ein ruhiges Plätzchen zu finden, insbesondere im Schatten. Die Sonne brannte heute unerbittlich auf die Anordnung der Stupas und die 72 Buddhas auf der obersten Ebene herunter, die in Meditation versunken nicht stören ließen und vom Zentrum in alle Richtungen blickten.


Und einige der Parkangestellten schienen im spärlichen Schatten auf ihren Stühlen geradezu hinzuwelken.

Nach einem Abstecher zu einem der gefährlichsten Vulkane der Erde, dem 2930 m hohen Gunung Merapi, ( seit etwa 600 Jahren bricht er regelmäßig im Abstand von wenigen Jahren aus, das letzte Mal vor 6 Jahren. Wissenschaftler vermuten unter dem Vulkan eine riesige Magmakammer) der sich heute allerdings hinter den aufkommenden Wolken versteckte,




besuchten wir am Nachmittag den hinduistischen Tempel Prambanan, ebenfalls aus dem 9. Jahrhundert.



Auffällig, dass der größte, 48 m hohe und im Zentrum stehende Stupa dem Gott Shiva geweiht ist und nicht Brahma. Dieser wird wie Vishnu in einem deutlich kleineren Stupa verehrt.


Aber auch hier vermasselten japanische Schulhorden mit unkontrolliertem Gelärme die meditative Stille, die dem Ort angemessen wäre. Ein kleiner Schauer reinigte dann blitzartig die Szenerie und verlagerte den Lärm in die kilometerlange Souvenirschlucht bis zum Ausgang.


Solo/Surakarta, 24.10.2016 

 
Yogyakarta würde sich gern mit der Aura einer Kunstmetropole umgeben. Das wird ihr aber durch den Verkehr und Lärm vermasselt.
Denn sie hat etwa 1,6 Millionen Einwohner und mindestens ebenso viele Motos und etwa 20 000 Rikschas. Und manchmal hat man das Gefühl, dass die alle auf der Straße sind.






Da stellen sich Fragen.

Was braucht der Mensch zum Leben?

Ein Hungernder wird schnell eine Antwort haben, auch ein Obdachloser oder sonstwie Ausgestoßener.

Kommst du aber gerade aus dem Kraton, dem Königs- und Sultanspalast von Yogya, in dem du dich fast zwei Stunden rumgetrieben hast, dann lautet deine Frage bestimmt: „Braucht das der Mensch wirklich zum Leben?“

Allein schon die Ausmaße des Palastes, der Stadt in der Stadt, mit 4 qkm weiß und hoch ummauert. Die vielen Gebäude, Zimmer und Pavillions,



die unendlich große Porzellansammlung, das Silberbesteck, die Marmorböden und Lüster, die Spiegel an vielen Wänden, Die belgischen Glasfenster, die Rokoko- und die viktorianischen Möbel. Braucht das der Mensch?

Die etwa 2000 Diener, 1000 Palastwachen in ihren traditionellen Kopfbedeckungen,



dem Blangkon, der Jacke Surjan, unter der auf dem Rücken ein Kris (Dolch) herausragt



und den etwa 100 Gespielinnen, dem Sultan, diesem Schwerenöter, zu gefallen. Braucht er wirklich so viele?

Braucht man ein Gamelan-Orchester, das einmal im Jahr, zu Mohammeds Geburtstag, gespielt wird? Braucht man 23 Kutschen, unzählbare Sänften, edelste Karossen und goldene Kleider?
Muss der Mensch erhöht und über den Vielen sitzen und muss es Pavillions geben, auf dessen Marmor nur der Sultan sich bewegen darf?
Warum soll nur der Sultan den dämonischen Boden nicht betreten und muss daher getragen werden?

Auf den Bildern und verbleichten Fotos sieht man die Sultane und die Mitglieder der Sultansfamilie nie lächeln oder gar lachen.
Sie stehen stocksteif in ihren steifen Sarongs und brokatbestickten Kleidern, den Kopf hoch erhoben und die Brust gespannt.

Wie Ronaldo bei der Vorstellung seines neuen Lamborghini.

Nur noch eine letzte Frage:

Warum sehen die Ausgestoßenen und Unsichtbaren in ihrer vernachlässigten Kleidung, den zahnlosen Mündern so verloren, verlassen und sogar so verhöhnt aus?

Ein kurzer Besuch der holländischen Festung „Benteng Vredeburg“ mit ihrem fatalen militärischen Charakter (sowohl indonesische als auch holländische Soldaten halten ihre Gewehre auf die Besucher), aber auch einigen Geschichtsdioramen zum indonesischen Freiheitskampf und Guerillakrieg gegen die Holländer von 1945 -50 schließt sich an.

Und noch in der Festung stellen wir uns unserem 356. Interview mit den immer gleichen und meist in unverständlichem Englisch vorgetragenen Fragen.



Diesmal aber mit viel Gelächter und - wir lernen eine Spezialität aus Yogya kennen:
Gedung. Die stundenlang in Palmzucker, Kokosmilch und Gewürzen gekochte Jackfrucht, die durch Beigabe von Teakblättern ihre rötlich-braune Farbe erhält und mit Huhn oder Ente zu Reis serviert wird.

Edith bestaunte noch in einer benachbarten Ausstellung junge javanesische Kunst -



während ich den Rikschaverkehr inspizierte.



Mit dem Zug in einer starken Stunde die 60 km nach Solo/Surakarta in der Provinz Zentraljava. Während der Fahrt gehen fast alle ihrer Lieblingsbeschäftigung nach.



Erster Eindruck von Solo: Ähnliches Chaos wie in allen Städten, wenngleich etwas moderater, so dass die Fortbewegung mit dem Fahrrad vorstellbar wird.

In der Geschichte des Sultanats von Yogyakarta gab es Mitte des 18. Jahrhunderts ein Schisma durch die Ernennung eines rebellischen Fürsten zum Sultan durch die Holländer. Kurzzeitig war Solo also Zentrum der Mataram-Dynastie und so gibt es heute auch hier einen Kraton, einen Palast, eine holländische Festung und viel Batik-Flair durch ein Batikviertel und ein sehenswertes Batikmuseum.

Zunächst aber wollen wir bei einem Tagesausflug raus ins Grüne.

Patrick, christlicher Javaner vom Touristenbüro in Solo holt uns am Morgen ab und wir fahren zunächst Richtung Osten zum 3265 m hohen Gunung Lawu. Es ist Sonntag und die Straßen dorthin sind vollgestopft mit Motos. Ausflügler in die beliebte Berglandschaft an den Hängen des Vulkans.



Die Straße führt zunächst an vielen Reisfeldern vorbei die in der schwachen Sonne glitzern, grellgrün strahlen oder reif und gelblich auf die Ernte warten.

Beim Städtchen Karangpandan, der Heimatort von Patrick, geht es nun bergauf, sehr steil und kurvig auf schmalen Straßen. Sein Toyota hat an mancher extrem steilen Kurve Probleme, auch im ersten Gang.

Es geht durch eine faszinierende Landschaft, weil sehr fruchtbar, mit rotbrauner, weicher Erde. Hier leben viele hinduistische Familien und sie bewirtschaften jedes Fleckchen, gar an den steilsten Hängen: Gemüse wie Karotten, Bohnen, Paprika, Tomaten, Gurken, Lauchzwiebel, Kohl, viel Obst wie Ananas, Avocado, Bananen, Mango, Papaya, Guave, Drachenfrucht und sogar Erdbeeren. Auf etwa 1000 m Höhe ist die Berglandschaft wie in Samt gekleidet von ausgedehnten Teeplantagen überzogen.



Hier oben ist es angenehm kühl und ein heftiger Wind schüttelt die Bäume. Leider versteckt sich der Vulkan Lawu in einem monströsen Wolkenungeheuer.

Im Dorf Gumeng auf 1400 m besuchen wir einen hinduistischen Tempel, zu dem selbst Pilger aus Bali zur Ehrung ihrer Ahnen strömen.


Die Anlage Candi Cetho von 1451 steht auf vielen Terrassen an den Berg gebaut und typisch balinesisch-hinduistisch sind die Garupa ( gespaltene Tore), durch die die Besucher auf jeder Ebene durchschreitet. Untypisch allerdings dann der Tempel des Heiligtums selbst, der sehr an einen Maya-Tempel erinnert und auf Bali so nicht zu sehen ist. Patrick kann auch keine Gründe nennen.


An der Westseite des Vulkans, nur noch 900 m hoch, liegt der 1437 erbaute Candi Sukuh. Beide Tempel sind entstanden in der Ära der hinduistischen Majapahit, die im 15. Jahrhundert von den muslimischen Eroberern nach Bali vertrieben wurden. Auch er ähnelt sehr einer Maya-Pyramide.




Allerdings fallen bei ihm die vielen Fruchtbarkeitssymbole und die vielen erotischen Szenen in den Reliefs auf, gell.


Nach einem Glas Schwarztee und Kroepoek machen wir uns auf den Weg zu einem 80 m hohen Wasserfall. Da jedoch schwarze Wolken aufziehen und die Wasser urplötzlich und in Massen vom Himmel fallen, brechen wir ab und fahren zurück nach Solo - mit trockenen Straßen.

Zur Zeit wird hier in der Stadt ein längst überfälliger Abwasserkanal - in der Regenzeit!!! - erneuert. Das bedeutet: Auf den eigentlichen Gehwegen wurde aufgegraben und riesige Betonröhren mit Kran hineingesetzt und verbunden. Aus den jeweiligen Häusern läuft aber noch immer das Abwasser in den Graben. Hinzu das Regenwasser - und der Graben ist vollgelaufen und stinkt vor sich hin. Die vielen Straßenarbeiter stehen im Schlamm - und stinken am Abend wahrscheinlich auch.

Damit die Geschäfte nicht stagnieren balancieren die Kunden auf waghalsigen Bambusbrückchen über den Graben. Jetzt noch den ungebrochenen Moto- und Autostau hinzudenken und ihr versteht die Frage: „Wie kommen wir bloß zur nächsten Straßenkreuzung?“

Dennoch, wir haben es ins 300 Jahre alte Kauman Viertel geschafft, einem Labyrinth von engen, winkligen Gassen, in denen vorwiegend Batikarbeiter und -innen wohnen und ihre Produktionsstätten haben.

Den Mangkunegaran-Palast dagegen hätten wir uns getrost sparen können. Er kam uns irgendwie bekannt vor.
Vor dem Palast aber fand muslimischer Sportunterricht statt. Das hatte was.

Nicht sparen wollten wir uns jedoch den in einem großen Marktgebäude untergebrachten Pasar Gede, in dem Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Trockenwaren von morgens 4:00 bis 15:00 Uhr verkauft wird.




Eine ziemlich wuselige, manchmal auch geruchsanstrengende Angelegenheit. Wir kaufen 2 Orangen, 1 Drachenfrucht und eine Salakfrucht zum Probieren.


Vom Markt lassen wir uns in einem Becak (Fahrradrikscha) zum Batikmuseum fahren. Dazu wählen wir uns einen starken und gutgenährten Fahrer aus, in dessen Gefährt wir uns gerade noch quetschen können - einen alten und abgemergelten Fahrer hätten wir moralisch nicht verkraftet -, und der uns fast noch frisch am Museum ablädt.

An vielen wertvollen Batikstoffen wird der Werdegang und der Stellenwert der aus der höfischen Tradition hervorgegengenen Batik-Kunst in Java thematisiert und die Motive, der Herstellungsprozess sowie regionale Besonderheiten erläutert. Sowohl das geschickte Auftragen von Wachsmustern



als auch das schweißtreibende Stempeln und Färben der Stoffe kann man live und in Farbe erleben.


Eine kleine Erkenntnis: Während der große Verkaufsraum extrem klimatisiert war, herrschten im Produktionsraum tropisch klimatische Verhältnisse.

Zum Abschluss essen wir in einem tradionsreichen Familien-"Waroeng Kroepoek" im einfachen und gestylten Lokal um die Ecke. Man sucht sich das Essen an der großen Theke aus (z.B. Lumpa, Sate-Spieße, Fisch mit Reis im Bananenblatt, Nasi Goreng Ayam (Gebr. Reis mit Huhn) im Bananenblatt, Kroepoek. Noch ein Getränk - und bezahlt an der Kasse. Das Essen wird heiß gemacht und am Tisch serviert. Nette Idee. Für ab und zu.

Als anonyme Alkoholiker haben wir auf dem muslimischen Java ein Problem. Ihr ahnt es schon. Richtig.
Es gibt kein Bier ..., was nur schwer zu ertragen ist. Manchmal. Hochprozentigen Alkohol haben wir noch nie gesehen, geschweige denn getrunken.
Und wenn es mal irgendwo Bier gibt, dann ist es sauteuer. Sagt man das so? Also trinkt man hier Wasser und vor allem Säfte. Und die sind Weltklasse. Aber manchmal ein kaltes Bier. Wäre schön.
Auch deshalb sehnen wir uns nach Bali.
Es lebe der Hinduismus!

Morgen verlassen wir Solo und fahren mit einem Minibus nach Malang in Ostjava. Mal sehen, ob wir dort dem Vulkan Bromo in den Krater schauen können.

Probolinggo, 28.10.2016

Inzwischen sind wir in Malang im Osten von Java gelandet. Bisher reisten wir sehr angenehm mit dem Zug und gestern erstmals mit einem Minibus auf löchrigen und engen Straßen. Stundenlang an der immer gleichen Flachlandschaft vorbei, mehr auf den Verkehr konzentriert und darauf, wie man die Beine am besten deponiert. Als es dann landschaftlich interessanter wurde - die Straße nach Malang ist im Norden und Süden jeweils von drei Vulkanen mit bis zu 3350 m umgeben - fiel der Vorhang, die Sonne war untergegangen und wir hoppelten durch stockfinstere Nacht, immer bergauf zuerst und dann wieder hinab, steil, kurvig und von wenigen Lichtfetzen flankiert. Der Fahrer tat uns nach bis dahin 8 Stunden Fahrt schon leid und insgeheim haben wir mit ihm mitgefiebert.

Wie fast alle javanischen Millionenstädte ist auch Malang riesig in der Ausdehnung, laut und vom Verkehr bedrängt. Denn wir fuhren lange bergab von wuseligen Motos umschwirrt, immer geradeaus an großen Plätzen und zentraler Glitzerwelt vorbei und gewannen den Eindruck, der Fahrer bringt uns nicht ins Zentrum, sondern hinaus aus der Stadt.

Kurz vor 8 Uhr kamen wir an, checkten im empfohlenen und zentralen Backpacker-Hotel Helios ein - in dem wir keinen einzigen Backpacker trafen -, duschten und tranken auf der Dachterrasse tatsächlich ein Bintang. Mal wieder. Welch Genuss!


Bei Licht besehen und ausgeschlafen stellt sich erstmals beim Orientierungsgang im Viertel heraus, Malang wirkt entspannter. Der Verkehr ist sehr moderat. Manchmal fährt nicht ein Moto auf der Straße. Und wir sind nur wenig vom Alun-Alun-Platz, dem Zentrum entfernt. In einer Laundry um die Ecke lassen wir unsere Wäsche waschen und bügeln für 1 Euro das kg. Ein Fahrradverleih, viele kleine Restaurants, sogar ein kleiner Markt mit frischem Obst (für heute haben wir einige Sapotes gekauft - eine birnenähnlich schmeckende Frucht, die wie eine kleine ovale Kartoffel aussieht), lebendigen Hühnern 



und ein Indomarket, wo Edith ihr Handy auf 100000 IDR aufladen konnte - alles in der Nähe. Direkt zum Helios gehört auch ein erfahrener Touranbieter. Wir lassen uns beraten.

Wir beschließen für den nächsten Tag eine Radtour auf dem Mountainbike durch die Stadt und die Außenbezirke (kleine Randnotiz für die Radprofis: Die Umgebung von Malang wäre ideal für eine Tagestour, da sich dabei locker und leicht mehrere Höhenmeter ansammeln würden - wir kommen da eher nicht auf unsere Kosten). Da wir keine Lust auf weitere Tempel und Tee- und Kaffeeplantagen haben, käme nur der Bromo für eine Tour in Frage.

Da beginnt aber das Problem. Laut Auskunft des Geologischen Instituts hatte der Vulkan seit September gefährliche Aktivitäten und die Touren waren verboten. Seit 2 Tagen aber hat das Institut eine Tour in die Sandmeer genannte Caldera erlaubt, nicht aber den Aufstieg zum Kraterrand.

Auf keinen Fall könnten wir daher dem Bromo in den Krater sehen. Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Tour um Mitternacht beginnt, 5 Stunden Fahrt im Jeep zum Sandmeer, Sonnenaufgang, wenn die Wolken es zulassen (was bei den Wetterbedingungen zur Zeit nicht zu erwarten ist),
 


Frühstück und Rückfahrt von 5 h mit einigen Unterbrechungen wie Wasserfall usw, zurück gegen Mittag - 12 Stunden also unterwegs, 10 davon im Jeep auf schlechten Wegen. Der Preis 140 Euro für uns beide - Freundschaftspreis, da es zur Zeit eh kaum Touristen gibt. So siehts aus. Eigentlich ein Muss, aber bei dieser Wolkendecke und 10-Stunden-Tortur im Jeep wahrscheinlich ein Flop. Wir warten mal ab, denn es gäbe noch die Möglichkeit, von einem anderen Ort - Probolinggo - den Ostweg zum Bromo zu nehmen und wesentlich einfacher. Hinzu kommt, die Fahrt zur Fähre nach Bali ist bei Probolinggo, einem Nest, halbiert.

Malang liegt in einer von mehreren Vulkanen umgebenen urzeitlichen riesigen Caldera und es gibt Funde, die belegen, dass das Becken seit mehr als 8000 Jahre besiedelt ist. Die Stadt macht auf uns einen aufgeräumten und entspannten Eindruck. Die Gehwege häufig besser befestigt. Von mächtigen Bäumen überschattete Alleen und Plätze, koloniale Architektur, Obst- und Gemüsemärkte und viele Cafes und Restaurants prägen das freundliche Stadtbild.

Am von schönen alten und riesigen Bäumen gesäumten Tugu-Platz werden wir am Balai-Kota-Gebäude,

 

das die Stadtverwaltung beherbergt, Zeuge einer sehr militantan und zackigen Zeremonie mit Marschmusik und Fahnenappell. Wir vermuten die Ehrung der besten Jahrgangsschülerinnen und -schüler der Schulen Malangs, die in großer Mittagshitze mit viel Stechschritten, militärischem Brimborium und Disziplin abgehalten wurde.


Einige Straßen weiter konnten wir einer Gruppe von Schülern bei ebensolchem militärischen Exerzieren zusehen.

Danach schlenderten wir mit etwas Unbehagen durch den Pasar Senggol, dem großen Vogelmarkt von Malang. Zu beiden Seiten der Gasse werden bunte Singvögel in meist zu kleinen und ziemlich verschissenen Käfigen zum Verkauf angeboten. Ebenso kleine Luwaks, Katzen aller Art, Eulen, Krähen und Affen. Die Tiere machten hinter den Gittern einen apathischen oder hysterisch-gestörten Eindruck, jedenfalls keinen glücklichen.

Dann aber eine versöhnliche Erkenntnis: An der Westseite des großen Alun-Alun-Lor Parkes


stehen die große Djamek Moschee und die christliche Immanuel Kirche einträchtig nebeneinander. Man kann es symbolisch sehen. 

Hierzu passt eine kleine Episode zur Missionierung, die ja von allen religiösen Richtungen in solch „unzivilisierten“ Gegenden betrieben wurde. Unter anderem von der Rheinischen Missionsgesellschaft, die in Nord-Sumatra tätig wurde. Zwei Baptistenmissionare hatten 1834 vergeblich versucht, die dort ansässigen Batak zu bekehren - stattdessen wurde sie Opfer von deren Kannibalismus. Schlecht gelaufen. Man sollte als Missionar schon darauf achten, wen man missionieren möchte, sonst wird man eventuell selbst „bekehrt“.


Weil wir aufgrund schlechter Wetterprognosen und zu langer Anfahrt die Bromo-Tour nicht gebucht haben, werden wir ihn morgen umfahren und in Probolinggo auf der Ostseite Station machen. Entweder finden wir dort eine Möglichkeit oder wir fahren endgültig weiter nach Bali.

Ein Highlight noch am Abend:

Im „Rumah Makan Inggil“ nahe dem Tugu-Platz, einem traditionellen javanischen Restaurant, waren wir erstmals so richtig zufrieden. Viel trug das Ambiente zur Stimmung bei. Der große Saal aus Bambusstützen war sehr geschmackvoll eingerichtet mit vielen Antiquitäten, Masken, Figuren, alten Gemälden und Fotos aus der Kolonialzeit. Nach der aufmerksamen Beratung ließen wir uns schmecken: ein Sate Ayam (Hühnerspieße in einer lecker gewürzten Erdnusssoße), ein Pecel Terong (Gebratene Auberginen in einer würzigen Soße mit Tempe und Ei), Cumi-Cumi Assam Manis (Gegrillter Tintenfisch mit Gemüse und Ananas in süßsaurer Soße) und Reis und danach noch Pisang Goreng (gebratene Banane). Wir waren begeistert. Leider hatten wir den Fotoapparat vergessen.

Eine 2stündige Fahrt im klapprigen Localbus mit überholwütigem Fahrer und wir sind in Probolinggo dem Vulkan Bromo näher gekommen. Der Travellerstrom ist durch dessen gefährliche Aktivitäten zwar etwas versiegt. Dennoch sind die Preise nicht gefallen, obwohl man nur bis zum Sandmeer kommen kann. Der Ort ist ganz auf die Vermarktung des Bromo ausgerichtet und jeder will sich helfen, dich dorthin zu bringen. Koste es mich was es wolle.

So sieht unser Freund von oben aus. Dorthin kommt man derzeit aber nicht.



Und so muss man sich das Bild hinter der ersten Kamera vorstellen.

Morgen werden wir nun von hier mit dem Bus nach Banyuwangi fahren, mit der Fähre nach Bali übersetzen und weiter mit dem Bus bis Tabanan im Westen Balis.

Zeit also für eine kleine Rückschau auf Java.

Die überwiegend meisten Menschen sind sehr freundlich, auch die mit Kopftuch oder Käppi und wenn sie kein englisch sprechen, lassen sie dich in Ruhe, grüßen nur lächelnd. Können sie aber einige Brocken, dann wollen sie mit dir reden, was nett ist, aber auch lästig sein kann.
Natürlich gibt es auch die ganz orthodoxen mit Bart, langem Kaftan und Käppi, die dich, den Ungläubigen streng, aber gottversunken ignorieren.
Grob gesagt, die Hälfte der Frauen und Mädchen mindestens trägt Kopftuch.
In den Abendstunden, während der Dämmerung wird der Islam besonders dramatisch, auch am frühen Morgen gegen fünf Uhr. Dann nämlich treten die Muezzine der umliegenden Moscheen lautsprecherverstärkt und mehr oder weniger virtuos in den Wettstreit. Einer ist dann immer besonders eifrig und variiert den Lobgesang in Lautstärke und Tonhöhe. Bei manch anderem artet der Singsang in ein routiniertes Jammern aus.
Ansonsten lässt dich die Religion in Ruhe und es kann durchaus eine christliche Kirche oder ein chinesischer Tempel neben einer Moschee stehen.

Auffallend auch die vielen Interviews, die wir meist Studenten, komischerweise fast nur Jurastudenten, geben mussten und die vielen Fototermine, zu denen wir von ganzen Pilger“?-Gruppen eingeladen wurden.

Überhaupt hat Indonesien eine sehr junge Bevölkerung und es gilt die Regel: wenn du vermutest, das Mädchen an der Rezeption sei 15, dann rechne noch 10 Jahre dazu.
Das Durchschnittsalter beträgt 28,9 Jahre und mehr als ein Viertel der Bevölkerung ist unter 14 Jahren. In Geschäften und Banken, Hotels und Restaurants sitzen nur Jugendliche an den Schalthebeln der Macht, denkst du im ersten Moment. Man sieht kaum Ältere in solchen Positionen.

Das Essen ist nicht so aufregend - außer man hat Glück und findet neben den Straßenständen und einfachen Warungs mal ein besonderes Lokal -, so dass wir das Essen manchmal auch ausfallen lassen. Tut uns auch gut, das Frühstück ist dagegen fast jeden Tag sehr lecker und vielfältig. Was uns häufig fehlt ist ein Bier. Man trinkt Wasser den Tag über oder Eistee und als Schmankerl einen frischen, leckeren Saft, Mango, Maracuja, Melone, Ananas oder Sauerfrucht.

Das Straßenbild bisher ist dem indischer Städte häufig sehr ähnlich.

Viel Zerfallenes, Morsches, Gehwege demoliert, Platten zerbrochen, viel Müll, regelrechte Müllhalden ab und zu. An der Straßenseite viele Geschäfte in Reihe mit Stapeln irgendeiner Ware vollgestopft, z.B hunderte von Kleinläden mit Mobiles und Smartphones. Unfassbar, wer das alles kaufen soll. Neben dem Motorroller ist das Smartphone allerdings das beliebteste Spielzeug.

Offizielle Gebäude, Banken, Heritage-Anlagen und Museen, aber auch Hotels und bessere Restaurants sind meist richtige Paläste und es wird viel Geld in die umgebenden Parks und Anlagen gesteckt. Auch in die touristischen Hotspots mit ihren überorganisierten Laufwegen für die Besucher und dem Überangebot an Personal.

Überhaupt, wir haben abertausende von arbeitslosen Beschäftigten gesehen.
In den Kleingeschäften lungern die Verkäufer im Hintergrund herum oder schlafen ganz öffentlich ein. Ebenso die zigtausend Rikschafahrer, sehr verrenkt in ihren ramponierten Gefährten. Man darf gelangweilt sein, aber auf keinen Fall hektisch werdend. Dies ist ein erstrebenswertes Ziel. Die Götter haben nicht umsonst den Menschen die Zeit gegeben, nicht nur um zu arbeiten, sondern auch um auszuruhen, zu lachen und zu feiern!! sagt ein Sprichwort hier.

Und die Abteilung Sicherheit: vor jedem öffentlichen Gebäude, natürlich jeder Bank, jedem Museum, jedem Hotel, selbst in kleinen Geschäften sitzen oder stehen einige Uniformierte mit der einzigen Aufgabe: bewachen - 10 Stunden am Tag, wenn es sein muss.
In den Zügen gibt es folgendes Personal neben dem Fahrer: hübsche junge Mädchen/Frauen in adretter Stewardessenkleidung verkaufen zu dritt oder viert Essen und Getränke, die Putzkolonne geht ständig durch die Wagen und sammelt den Müll, wenn der Kontrolleur, selbstredend auch in auffälliger und standesgemäßer Uniform, die Tickets kontrolliert, stehen zwei martiale Sicherheitsbeamte an den Ausgängen des Waggons und blicken streng.

Und dann noch die Parkplatzeinweiser mit dem Pfeifchen im Mund. Sie gibt es an jeder Ausfahrt, jedem noch so unwichtigen Geschäft und Platz. Sie stemmen sich todesmutig dem anbrausenden Verkehr in den Weg, pfeifen gottserbärmlich und wedeln mit den Händen oder einem Leuchtstab am Abend, dass der Verkehrsfluss wundersam stoppt und die Karosse ohne Probleme einfädeln lässt. Eine Hand vom Beifahrersitz wedelt dann auch mit einem 2000 Rupiahschein oder einer kleinen Münze - die sich allerdings schlecht wedeln lässt.


 Diese Strecke haben wir auf Java zurückgelegt.

Wir freuen uns auf Bali.
(Wer weiterlesen möchte, ruft Kapitel "Bali vom 29.10. - 8.12.2016" auf.)